Einführung
1. Die Gebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV entsteht nicht, wenn im Rahmen der Hauptverhandlung das Verfahren nur vorläufig nach § 153a StPO und später nach Erfüllung der Auflagen endgültig eingestellt wird.
2. Dass im Falle der Nichterfüllung der Auflage eine neue Hauptverhandlung anberaumt werden müsste, die durch die endgültige Einstellung vermieden werde, ist kein Gesichtspunkt, der das Entstehen der Gebühr der Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV zu begründen vermag.
AG Bochum, Beschl. v. 22.2.2017 – 97 Ds 242 Js 674/14 – 92/14
I. Der Fall
In der Hauptverhandlung hatte das Gericht das Verfahren nach § 153a StPO vorläufig unter der Auflage eingestellt, einen Geldbetrag zu zahlen. Später wurde der Geldbetrag gezahlt und das Verfahren endgültig eingestellt. Der Verteidiger beantragte daraufhin die Festsetzung seiner Vergütung, darunter auch einer Zusätzlichen Gebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV, die er damit begründete, dass ein neuer Hauptverhandlungstermin entbehrlich geworden sei. Das Gericht hat die Zusätzliche Gebühr abgesetzt.
II. Entscheidung
Keine Zusätzliche Gebühr in der Hauptverhandlung
Wird ein Verfahren in der Hauptverhandlung eingestellt, löst dies keine Zusätzliche Gebühr aus, da Nr. 4141 VV Gebühren nur für die Einstellung außerhalb der Hauptverhandlung vorsieht. Dass aufgrund der vorläufigen Einstellung in der Hauptverhandlung das Verfahren noch nicht beendet war, sondern erst mit Zahlung des Geldbetrags und anschließender endgültiger Einstellung beendet wurde, ist unerheblich. Zwar hätte bei Nichtzahlung eine neue Hauptverhandlung durchgeführt werden müssen. Dies allein vermag jedoch nicht den Anfall einer Zusätzlichen Gebühr zu begründen.
III. Praxistipp
Rechtsprechung des BGH
Das AG Bochum stützt sich auf eine Entscheidung des BGH, in der er klargestellt hat, dass die Einstellung unter Auflagen in der Hauptverhandlung keine Zusätzliche Gebühr auslöst.
Die Zusatzgebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV fällt nicht an, wenn ein Strafverfahren in der Hauptverhandlung nach § 153a StPO vorläufig eingestellt wird und nach Erbringung der Auflage die endgültige Einstellung erfolgt.
BGH, Urt. v. 14.4.2011 – IX ZR 153/10, AGS 2011, 419 = zfs 2011, 524 = MDR 2011, 1014 = NJW 2011, 3166 = Rpfleger 2011, 631 = JurBüro 2011, 584 = Schaden-Praxis 2012, 88 = RVGprof. 2011, 162 = NJW-Spezial 2011, 637 = RVGreport 2011, 384 = BRAK-Mitt 2011, 299
Widerspruch zum Gesetzeswortlaut
Mit dem Gesetzeswortlaut ist dies allerdings nicht ohne Weiteres in Einklang zu bringen. Die Einstellung nach § 153a StPO ist eine nicht nur vorläufige Einstellung und damit nicht geeignet, die Zusätzliche Gebühr auszulösen. Erst dann, wenn die Auflage erbracht ist, erfolgt die endgültige Einstellung, die nebst Kostentscheidung ausdrücklich auszusprechen ist (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., 2013, Rn 45). Erst diese Einstellung beendet das Verfahren und vermeidet eine neue Hauptverhandlung, die anderenfalls zwingend zu erfolgen hat, wenn die Auflage nicht erbracht wird.
AGKompakt 7/2017, S. 74