Streitwertfestsetzung nur bei wertabhängigen Gerichtsgebühren
Nach § 63 Abs. 1 S. 1 GKG setzt das Gericht den Streitwert für die Gerichtsgebühren fest, wenn Gerichtsgebühren anfallen und diese sich nach dem Streitwert richten. Daraus folgt, dass ein Gericht nur dann eine Kompetenz zur Streitwertfestsetzung hat, wenn
• |
Gerichtsgebühren anfallen und diese sich nach dem Streitwert berechnen. |
Keine Wertfestsetzung bei Festgebühren
Umgekehrt folgt daraus, dass ein Gericht keine Kompetenz hat, einen Streitwert festzusetzen, wenn entweder keine Gerichtsgebühren erhoben werden oder diese sich nicht nach dem Streitwert richten.
Keine Wertfestsetzung von Amts wegen bei Festgebühren
Soweit im gerichtlichen Verfahren Festgebühren erhoben werden, ist eine Wertfestsetzung von Amts wegen unzulässig.
Bayerischer VGH, Beschl. v. 22.12.2014 – 15 C 14.2514, AGS 2015, 131 = RVGreport 2015, 156
Keine Wertfestsetzung bei wertunabhängigen Gerichtsgebühren
Eine gerichtliche Streitwertfestsetzung nach dem GKG kommt nicht in Betracht, wenn im gerichtlichen Verfahren keine wertabhängigen Gerichtsgebühren erhoben werden.
Bayerischer VGH, Beschl. v. 4.11.2016 – 9 C 16.1684, AGS 2017, 139 = NJW-Spezial 2017, 221
In der Zwangsvollstreckung fallen Festgebühren an
In einem Ordnungsgeldverfahren wird zwar eine Gerichtsgebühr erhoben, allerdings eine Festgebühr nach Nr. 2111 GKG-KostVerz. i.H.v. 20,00 EUR. Die Höhe dieser Gebühr ist damit unabhängig vom Wert des Antrags. Einen Streitwert gibt es hier also nicht. Folglich hat das Gericht auch keinen Streitwert festzusetzen.
War das Familiengericht als Vollstreckungsgericht im Zwangsmittelverfahren wegen verweigerter Auskunft eines Ehegatten tätig, finden gemäß Vorbem. 1.6. S. 1 und 2 FamGKG-KostVerz. in Ansehung der Gerichtsgebühren die Vorschriften des GKG Anwendung. Gemäß Nr. 2111 GKG-KostVerz. wird bei Anträgen auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO eine Festgebühr i.H.v. 20,00 EUR erhoben. Einer Wertbestimmung bedarf es in Ansehung der Gerichtskosten daher gem. § 55 Abs. 2 und 1 FamGKG nicht.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.9.2015 – 1 WF 197/15, FuR 2016, 179
Aus der Formulierung in § 63 Abs. 1 S. 1 GKG ("Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten") folgt, dass eine Wertfestsetzung nur dann vorzunehmen ist, wenn die in Be tracht kommende Gerichtsgebühr nach dem in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG aufgeführten Kostenverzeichnis überhaupt von einem Kostenstreitwert abhängt. Daran fehlt es, wenn nach Nr. 2111 GKG-KostVerz. eine Festgebühr von 20,00 EUR zu erheben ist.
VG München, Beschl. v. 24.2.2017 – M 5 V 16.5324
Streitwertfestsetzungen sind gegenstandslos
Festsetzungen wie im vorliegenden Fall des LG Kiel sind daher gegenstandslos.
Setzt das Gericht im Zivilprozess von Amts wegen einen Streitwert fest, obwohl in dem betreffenden Verfahren keine Gerichtsgebühren anfallen, für die es auf den Streitwert ankäme, ist eine solche Festsetzung gegenstandslos.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.2.2009 – 4 W 5/09, AGS 2009, 401 = OLGR 2009, 453 = MDR 2009, 587 = JurBüro 2009, 314 = NJW-RR 2009, 1366
Eine Wertfestsetzung, obwohl keine wertabhängigen Gerichtsgebühren anfallen, ist gegenstandslos und entfaltet auch keine Wirkung für die Anwaltsgebühren.
Bayerischer VGH, Beschl. v. 4.11.2016 – 9 C 16.1684, AGS 2017, 139 = NJW-Spezial 2017, 221
Siehe auch N. Schneider/Thiel, Über die "Wertlosigkeit" höchstrichterlicher Wertfestsetzungen, NJW 2013, 25.