Anwaltsgebühren richten sich nach dem Gegenstandswert
Im Gegensatz zu den Gerichtsgebühren berechnen sich in Ordnungsgeldverfahren die Anwaltsgebühren nach dem Wert, nämlich nach dem Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG). Hier werden Wertgebühren erhoben, und zwar nach den Nrn. 3309 ff. VV. Es entsteht eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV und, wenn es zu einem Termin zur mündlichen Verhandlung kommt, auch eine 0,3-Terminsgebühr nach Nr. 3310 VV.
Da keine Gerichtsgebühren anfallen, greift insoweit nicht die Vorschrift des § 23 Abs. 1 RVG. Wenn es im gerichtlichen Verfahren keinen Streitwert gibt, kann dieser auch nicht für die Anwaltsgebühren gelten. Die regelmäßige Berufung der Gerichte – wie hier im Fall des LG Kiel – auf die Wertvorschrift des § 3 ZPO ist daher schlichtweg unsinnig.
Vielmehr ist die vorrangige spezielle Regelung des § 25 RVG für die Gegenstandswerte in der Zwangsvollstreckung anzuwenden. Danach bemisst sich der Gegenstandswert nach dem Wert, den die Duldung oder Unterlassung für den Antragsteller hat.
§ 25 RVG (Gegenstandswert in der Vollstreckung und bei der Vollziehung)
(1) In der Zwangsvollstreckung, in der Vollstreckung, in Verfahren des Verwaltungszwangs und bei der Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung bestimmt sich der Gegenstandswert
…
3. nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat, …
(2) In Verfahren über Anträge des Schuldners ist der Wert nach dem Interesse des Antragstellers nach billigem Ermessen zu bestimmen.
Wert des Hauptsacheanspruchs ist entscheidend
Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung ist damit der Wert des Unterlassungsanspruchs, also des Hauptsacheanspruchs maßgebend, dessen Durchsetzung das Ordnungsgeldverfahren dient.
Maßgebend für die Festsetzung des Gegenstandswertes ist hier die Regelung in § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG. Nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem Wert, den die zu erwirkende Unterlassung für den Gläubiger hat. Hierbei handelt es sich nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Senats um nichts anderes als um eine Umschreibung für den Wert der Hauptsache bzw. – im Falle der Vollziehung einer einstweiligen Verfügung – für den Streitwert des vorangegangenen Verfügungsverfahrens (Anordnungsverfahrens) (Senat, Beschl. v. 31.7.2015 – I-4 W 86/14). Festzusetzen ist der volle Anspruchswert und nicht lediglich ein Bruchteil dieses Wertes (Senat a.a.O., m.w.N.).
OLG Hamm, Beschl. v. 14.3.2017 – 4 W 34/16 (std. Rspr.)
1. Durch die Androhung von Ordnungsmitteln soll die Festsetzung von Ordnungsmitteln für sämtliche zukünftigen Verstöße ermöglicht werden. Eine Festsetzung des Streitwerts auf einen Bruchteil des Hauptsachestreitverfahrens ist abzulehnen (Anschluss OLG Hamm, 8.5.2014 – 4 W 81/13, WRP 2014, 956).
2. Der Festsetzung in Höhe des Hauptsachestreitwerts steht nicht entgegen, dass die Unterlassung bereits mit der notariellen Unterlassungserklärung erwirkt wurde und es nur noch um die Androhung von Ordnungsmitteln geht.
OLG München, Beschl. v. 3.6.2015 – 29 W 885/15, WRP 2015, 1164
1. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für die isolierte Androhung von Ordnungsmitteln richtet sich gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG nach dem Wert der zu erwirkenden Duldung (Anschluss OLG Hamm, 8.5.2014 – I-4 W 81/13, WRP 2014, 965).
2. Der Wert der zu erwirkenden Duldung entspricht dem Hauptsachewert. Eine Festsetzung des Wertes auf einen Bruchteil des Hauptsachewertes kommt nicht in Betracht, weil die Androhung von Ordnungsmitteln die Festsetzung von Ordnungsmitteln für sämtliche in der Zukunft liegenden Verstöße gegen das titulierte Unterlassungsgebot ermöglichen soll.
KG, Beschl. v. 22.8.2014 – 5 W 254/14, Magazindienst 2014, 1036
Der Gegenstandswert für ein Zwangsvollstreckungsverfahren, mit dem wegen Verstoßes gegen einen Unterlassungstitel nach § 890 ZPO ein Ordnungsgeld festgesetzt werden soll, ist auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren mit dem Hauptsachewert und nicht in Höhe des festzusetzenden Ordnungsgeldes zu bewerten.
LAG Hamm, Beschl. v. 5.10.2007 – 10 Ta 245/07
Einhellige Auffassung der Kommentarliteratur
So auch die einhellige Auffassung in der Kommentarliteratur:
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AnwK-RVG/Volpert, 8. Aufl., 2017, § 25 Rn 68 |
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Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 22. Aufl., 2015, § 25 Rn 36 |
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Gesamtes Kostenrecht/Thiel, 2. Aufl., 2016, § 25 Rn 17 |
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Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., 2017, § 25 Rn 26 |
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Riedel/Sußbauer/Potthoff, RVG, 10. Aufl., 2015, § 25 Rn 20 |
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Schneider/Herget/Kurpat, Streitwertkommentar, 14. Aufl., 2015, Rn 6489 |
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Mayer/Kroiß/Gierl, RVG, 6. Aufl., 2013, § 25 Rn 23 |
Demgegenüber wird von einem Teil der Rspr. ein Bruchteil angesetzt. In einem Verfahren auf Festsetzung von Ordnungsmaßnahmen nach § 890 Abs. 1 ZPO bemisst sich der Gegenstandswert nach dem Wert, den die zu erwirkende Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat. Das maßgebliche Interesse des Gläubigers entspricht grundsätzlich nur einem Bruchteil des H...