1. Überblick
Hinsichtlich der Strafsache gelten die allgemeinen Gebühren
Ist der Anwalt sowohl in der Strafsache selbst tätig – sei es als Verteidiger oder als Vertreter eines Privat- oder Nebenklägers – als auch hinsichtlich der im Adhäsionsverfahren geltend gemachten Ansprüche, so erhält er für den strafrechtlichen Teil die Gebühren nach den Nrn. 4100 ff. VV. Insoweit gelten die allgemeinen Vorschriften.
Wertgebühr für zivilrechtliche Ansprüche
Darüber hinaus erhält er für seine Tätigkeit hinsichtlich der vermögensrechtlichen Ansprüche zusätzlich eine Wertgebühr nach den Nrn, 4143, 4144 VV. Die Höhe des Gebührensatzes richtet sich nach der jeweiligen Instanz.
Die Gebührenbeträge richten sich grundsätzlich nach der Tabelle des § 13 RVG. Soweit der Anwalt gerichtlich bestellt oder beigeordnet ist, gelten die Beträge aus § 49 des RVG.
Gegenstandswert richtet sich nach dem GKG
Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. den Vorschriften des GKG. Wird ein bezifferter Geldbetrag geltend gemacht, etwa Schadensersatz oder Schmerzensgeld, so ist dieser Betrag maßgebend (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO). Wird wegen der Tötung eines Menschen oder der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit Schadensersatz durch Entrichtung einer Geldrente verlangt, ist der dreieinhalbfache Betrag des einjährigen Bezugs maßgebend, sofern der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen nicht geringer ist (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO).
Im Rechtsmittelverfahren richtet sich der Wert nach den Rechtsmittelanträgen (§ 47 Abs. 1 S. 1 GKG). Wird kein Antrag gestellt, gilt auch hier gem. § 47 Abs. 1 S. 2 GKG der Wert der Beschwer (LG Bonn AGS 2013, 331 = RVGprof. 2013, 135 = NJW-Spezial 2013, 476 = RVGreport 2014, 34).
Im Falle der antragsgemäßen Verurteilung erfolgt die Wertfestsetzung nach § 63 GKG, da aus dem Wert der Verurteilung eine Gerichtsgebühr (Nr. 3700 GKG-KostVerz.) erhoben wird. Diese Wertfestsetzung ist für den Anwalt dann gem. § 32 Abs. 1 RVG bindend. In den übrigen Fällen ist der Wert der anwaltlichen Tätigkeit auf gesonderten Antrag nach § 33 RVG festzusetzen.
Keine gesonderte Postentgeltpauschale
Gesonderte Auslagen entstehen nicht. Insbesondere entsteht aus den Gebühren der Adhäsionsansprüche keine gesonderte Postentgeltpauschale (OLG Köln AGS 2009, 29 = StraFo 2009, 87 = VRR 2009, 43 = RVGreport 2009, 465).
2. Erstinstanzliche Verfahren
Erstinstanzlich gilt Nr. 4143 VV
Werden im erstinstanzlichen Verfahren vor dem AG vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten oder seines Erben geltend gemacht, erhält der Anwalt zusätzlich zu den sonstigen Gebühren eine 2,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV. Eine Ermäßigung dieser Gebühr bei vorzeitiger Erledigung ist im Gegensatz zu den Gebühren nach Teil 3 VV (z.B. Nr. 3101 Nr. 1 VV) nicht vorgesehen.
Beispiel 1: Adhäsionsverfahren
Im Strafverfahren macht der Verletzte einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 3.000,00 EUR geltend. Es kommt zur Hauptverhandlung, in der der Angeklagte auch zur Zahlung des Schmerzensgelds verurteilt wird.
Neben den sonstigen Gebühren entsteht eine 2,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV aus dem Wert der geltend gemachten Ansprüche.
1. |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV |
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200,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV |
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165,00 EUR |
3. |
Terminsgebühr, Nr. 4108 VV |
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275,00 EUR |
4. |
2,0-Verfahrensgebühr, Nr. 4143 VV (Wert: 3.000,00 EUR) |
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402,00 EUR |
5. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.062,00 EUR |
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6. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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201,78 EUR |
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Gesamt |
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1.263,78 EUR |
Eine Angelegenheit bei mehreren Verletzten
Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber in demselben gerichtlichen Verfahren, so liegt nur eine Angelegenheit vor, sodass die Gebühren nur einmal berechnet werden können (OLG Düsseldorf AGS 2014, 176 = RVGreport 2014, 227 = RVGprof. 2014, 115; OLG Dresden AGS 2009, 325 = RVGreport 2009, 341). Die Abrechnung hängt davon ab, ob die Adhäsionskläger verschiedene Ansprüche erheben oder denselben Anspruch geltend machen.
Beispiel 2: Vertretung zweier Nebenkläger mit Adhäsionsverfahren, derselbe Gegenstand
Die beiden hinterbliebenen Kinder schließen sich im Verfahren vor dem AG gegen den Angeklagten wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung als Nebenkläger der öffentlichen Klage an. Gleichzeitig machen sie in ungeteilter Erbengemeinschaft übergegangene Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche in Höhe von 4.000,00 EUR geltend.
Zu der Grundgebühr, der nach Nr. 1008 VV erhöhten Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr kommt jetzt noch eine zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV hinzu. Da die beiden hinterbliebenen Kinder in ungeteilter Erbengemeinschaft handeln, ist der Gegenstand derselbe, sodass sich die zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV auf 2,3 erhöht.
1. |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV |
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200,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nrn. 4106, 1008 VV |
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214,50 EUR |
3. |
2,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 4143, 1008 VV (Wert: 4.000,00 EUR) |
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579,60 EUR |
4. |
Terminsgebühr, Nr. 4108 VV |
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275,00 EUR |
5. |
Postentgeltpauschal... |