I. Überblick
Anwalt soll Gebührenvereinbarung schließen
Seit dem 1.6.2006 enthält das Vergütungsverzeichnis zum RVG für Beratungstätigkeiten keine Gebühren mehr. Vielmehr gibt § 34 Abs. 1 S. 1 RVG dem Anwalt vor, dass er eine Gebührenvereinbarung treffen soll. Da Anwälte immer noch ungern über ihre Vergütung reden, werden in der Praxis solche Vereinbarungen leider viel zu selten abgeschlossen. Das Wehklagen im Nachhinein ist dann entsprechend groß.
Dies gilt insbesondere dann, wenn der Anwalt bei Auftragserteilung gar nicht bemerkt, dass ihm lediglich ein Beratungsmandat erteilt worden ist und er von einer wertabhängigen Geschäftsgebühr ausgeht.
Erstellen eines Testaments ist Beratungstätigkeit
Solche Fälle kommen insbesondere regelmäßig bei einem Auftrag zur Erstellung eines Testaments vor, das nach der Rechtsprechung als Beratungstätigkeit gilt (AG Hamburg Altona AGS 2008, 166 = ZEV 2008, 294 = ErbR 2008, 129 = ZFE 2008, 439 = NJW-Spezial 2008, 187; OLG Düsseldorf AGS 012, 454 = JurBüro 2012, 583 = FamRZ 2013, 727 = NJW-Spezial 2012, 635) oder auch bei der Abfassung einseitiger Schreiben (OLG Nürnberg AGS 2010 480 = AnwBl 2010, 805 = zfs 2011, 44 = NJW 2011, 621 = NJW-Spezial 2010, 667 = RVGreport 2010, 459 = FamRZ 2011, 668 = RVGprof. 2011, 170). Der Anwalt hat zunächst die Erwartung, dass er hier nach einem ordentlichen Gegenstandswert abrechnen kann, und wird dann enttäuscht, wenn er lediglich ein geringes Beratungshonorar erhält.
Aber auch dann, wenn es nur um eine kurze Beratung oder eine schnelle Auskunft geht, bei der also keine nennenswerten Gebühren anfallen, bietet es sich an, über das Honorar vorher zu sprechen, um im Nachhinein einen Streit darüber zu vermeiden, ob überhaupt ein Beratungsauftrag erteilt worden ist, und einer weiteren Streitigkeit – gegebenenfalls mit dem Rechtsschutzversicherer – über die Höhe der Beratungsgebühr aus dem Weg zu gehen.
II. Die gesetzliche Regelung
RVG fordert Gebührenvereinbarung
Nach § 34 Abs. 1 S. 1 RVG soll der Anwalt mit seinem Mandanten eine Gebührenvereinbarung treffen. Es heißt hier tatsächlich "Gebührenvereinbarung" und nicht "Vergütungsvereinbarung". Vereinbart werden soll nur die nicht mehr vorhandene Beratungsgebühr. Im Übrigen bleibt das RVG anwendbar.
Vereinbarung ist formfrei
Die Vereinbarung über eine Beratungsgebühr nach § 34 Abs. 1 S. 1 RVG ist formfrei möglich (§ 3a Abs. 1 S. 4 RVG).
Nur dann, wenn der Anwalt nicht nur eine Gebührenvereinbarung, sondern eine komplette Vergütungsvereinbarung schließt, sind die Vorschriften der §§ 3a ff. RVG anzuwenden.
Beispiel
Der Anwalt erhält den Auftrag zu einer Beratung.
a) Es wird eine Beratungsgebühr i.H.v. 1.000,00 EUR vereinbart.
b) Es wird vereinbart, dass er für die gesamte Beratungstätigkeit ein Honorar von 1.000,00 EUR erhalten soll.
Im Fall a) liegt nur eine "Gebührenvereinbarung" vor, die keiner Form bedarf.
Im Fall b) handelt es sich dagegen um eine Vergütungsvereinbarung nach den §§ 3a ff. RVG in der Form eines Pauschalhonorars. Sie gilt nicht nur die gesamte Beratungstätigkeit und damit auch eine Einigung ab, sondern beinhaltet auch alle Auslagen, einschließlich der Umsatzsteuer.
Ist die getroffene Vereinbarung nicht eindeutig, muss bei Zweifeln durch Auslegung ermittelt werden, was die Parteien gewollt haben. Der Anwalt ist daher gut beraten, die Vereinbarung klar und unmissverständlich zu formulieren. Die Zweifel dürften dabei zu seinen Lasten gehen.
Gesetzliche Auslagen und Einigungsgebühr sind möglich
Ist nur eine Gebührenvereinbarung geschlossen, sind neben der vereinbarten Gebühr die gesetzlichen Auslagen (Nrn. 7000 VV ff.) zu zahlen und, wenn es zu einer Einigung kommt, auch die Einigungsgebühr (AG Neumünster AGS 2011, 475 = zfs 2011, 406).
Da die Einigungsgebühr sich allerdings bei Wertgebühren nach dem Gegenstandswert richtet, ist hier ein Hinweis nach § 49b Abs. 5 BRAO erforderlich. Abgesehen davon rechnet der Mandant i.d.R. bei einer Beratung nicht damit, dass noch eine Einigungs-, Erledigungs- oder Aussöhnungsgebühr anfallen kann, so dass auch aus diesem Grunde ein Hinweis geboten ist.
Praxishinweis
Der Anwalt sollte daher spätestens dann, wenn er bemerkt, dass seine Beratung auf eine Einigung hinauslaufen könnte, den nach § 49b Abs. 5 BRAO erforderlichen Hinweis erteilen. Siehe hierzu auch OLG Hamm (AGS 2014, 111) für den vergleichbaren Fall, dass eine Beratungstätigkeit in eine nach dem Wert abzurechnende Angelegenheit übergeht.
III. Fehlen einer Vereinbarung
Bei fehlender Vereinbarung Gebühr nach BGB
Ist keine Gebührenvereinbarung getroffen worden, erhält der Anwalt eine Gebühr nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Er erhält also eine angemessene bzw. ortsübliche Gebühr nach den §§ 675, 612 BGB. Die Höhe dieser Gebühr ist anhand der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG zu bestimmen (§ 34 Abs. 1 S. 3, 2. Hs. RVG).
Begrenzung bei Verbraucher auf 190,00 EUR und 250,00 EUR
Handelt es sich bei dem Mandanten um einen Verbraucher, dann ist der Höchstbetrag für eine Erstberatung, also ein erstes Beratungsgespräch, auf 190,00 EUR und im Übrigen auf 250,00 EUR begrenzt (§ 34 Abs. ...