Wechselseitiger Verzicht löst Einigungsgebühr aus
Häufig lautet eine Einigung in der Folgesache Versorgungsausgleich dahingehend, dass die beteiligten Eheleute wechselseitig auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichten und den Verzicht wechselseitig annehmen.
Nach der früheren Rechtslage wurde hier eine Einigung abgelehnt. Das beruhte darauf, dass nach der bis zum 31.8.2013 geltenden Rechtslage die wechselseitigen Ausgleichsansprüche saldiert wurden und es per Saldo nur einen einzigen Ausgleichsanspruch in einer Richtung gab. Der Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs führte also faktisch dazu, dass nur ein beteiligter Ehegatte auf seinen Ausgleichsanspruch verzichtete und der andere diesen Verzicht annahm. Soweit dieser Verzicht nicht als Gegenleistung für andere Dinge (etwa Unterhaltsansprüche) gewährt wurde, war somit von einem einseitigen Verzicht auszugehen. Die Rechtsprechung hat in diesen Fällen daher überwiegend eine Einigungsgebühr abgelehnt (OLG Karlsruhe AGS 2007, 135 = OLGR 2007, 72 = NJW 2007, 1072 = FamRZ 2007, 843; OLG Stuttgart JurBüro 2006, 639 = FamRZ 2007, 232 = MDR 2007, 304 = NJW 2007, 1072; a.A. Einigungsgebühr auch nach alter Rechtslage: OLG Nürnberg AGS 2007, 134 = MDR 2007, 181 = FamRZ 2007, 573= NJW 2007, 1071; AG Nürnberg RVGprof. 2006, 130).
Nach derzeitiger Rechtslage liegt dagegen ein wechselseitiger Verzicht vor, so dass damit eine Einigungsgebühr anfällt (zuletzt OLG Düsseldorf AGS 2013, 514 = FamRZ 2013, 1422 = FamFR 2013, 62; OLG München AGS 2012, 174 = NJW 2012, 1089 = MDR 2012, 495 = JurBüro 2012, 193 = Rpfleger 2012, 354 = FamRZ 2012, 1580 = NJW-Spezial 2012, 123 = FamFR 2012, 131 = RVGreport 2012, 103; OLG Hamm AGS 2012, 137 = RVGprof. 2011, 191 = RVGreport 2011, 424).
Der Gegenstandswert richtet sich in diesem Fall nach dem vollen Verfahrenswert der Folgesache Versorgungsausgleich, der sich nach § 50 FamGKG bestimmt (OLG München AGS 2011, 389 = FamRZ 2011, 1813 = RVGreport 2011, 313; OLG Düsseldorf AGS 2010, 398 = FamRZ 2010, 2102 = JurBüro 2011, 259 = RVGreport 2010, 397). Anzusetzen sind 10% je Anrecht, das ohne die Einigung hätte ausgeglichen werden müssen. Insoweit sind die Beteiligten verpflichtet, anzugeben, welche Anwartschaften vorhanden sind (§ 53 FamGKG).
In Ausnahmefällen kann der Verfahrenswert herabgesetzt werden (§ 50 Abs. 3 FamGKG), jedoch nicht niedriger als 1.000,00 EUR (§ 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG).
Einigung ist kein Grund für Herabsetzung des Verfahrenswerts
Allerdings ist alleine die Einigung noch kein Grund, den Verfahrenswert herabzusetzen (OLG Celle AGS 2010, 397 = FamRZ 2010, 2103 = NJW-Spezial 2010, 508 = RVGreport 2010, 310).
Beispiel
In einem Verbundverfahren (Ehesache 12.000,00 EUR) einigen sich die Parteien nach Verhandlungen im Termin unter Mitwirkung ihrer Anwälte dahingehend, dass der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt werden soll. Jeder Ehegatte hatte eine gesetzliche und eine betriebliche Anwartschaft.
Der Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich ist auf 4 x 10% x 12.000,00 EUR = 4.800,00 EUR festzusetzen, so dass sich für das gesamte Verbundverfahren ein Verfahrenswert i.H.v. 16.800,00 EUR ergibt. Ausgehend hiervon ist wie folgt zu rechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
904,80 EUR |
|
(Wert: 16.800,00 EUR) |
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
835,20 EUR |
|
(Wert: 16.800,00 EUR) |
|
3. |
1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV |
303,00 EUR |
|
(Wert: 4.800,00 EUR) |
|
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
2.063,00 EUR |
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
391,97 EUR |
|
Gesamt |
2.454,97 EUR |