Wird gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt und dieser auf die Höhe der Tagessätze einer festgesetzten Geldstrafe beschränkt, kann das Gericht hierüber im schriftlichen Verfahren entscheiden. Erforderlich hierzu ist allerdings die Zustimmung des Beschuldigten. Ohne dessen Zustimmung muss die Hauptverhandlung durchgeführt werden.
Zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV fällt an
Hat der Verteidiger daran mitgewirkt, dass eine Hauptverhandlung entbehrlich wird, nämlich indem er veranlasst, dass der Beschuldigte die erforderliche Zustimmungserklärung abgibt, bzw. er für den Beschuldigten die Zustimmung erklärt, so muss er analog Nr. 4141 VV ebenfalls eine zusätzliche Gebühr erhalten (AG Köln AGS 2008, 284; AG Darmstadt AGS 2008, 345 = VRR 2008, 243 = StRR 2008, 243 = NJW-Spezial 2008, 601). Die Situation ist vergleichbar mit der im Bußgeldverfahren (Anm. Abs. 1 Nr. 5 zu Nr. 5115 VV), in Disziplinarverfahren und in berufsgerichtlichen Verfahren wegen der Verletzung einer Berufspflicht (Anm. Abs. 1 zu Nr. 6216 VV). Auch dort entsteht eine zusätzliche Gebühr, wenn der Anwalt an einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren mitwirkt. Gleiches muss auch in Strafsachen gelten.
Gegenauffassung verkennt Sinn und Zweck der Nr. 4141 VV
Würde man die Nr. 4141 VV nicht auf den Fall des schriftlichen Verfahrens nach § 411 Abs. 1 S. 2 StPO analog anwenden (so OLG Frankfurt AGS 2008, 487 = RVGreport 2008, 428 = VRR 2009, 80 = StRR 2009, 158 = NStZ-RR 2008, 360 = RVGprof. 2009, 139; OLG Hamm NStZ-RR 2008, 360), würde der Zweck der Vorschrift in sein Gegenteil verkehrt. Es würde gerade ein Anreiz dafür bestehen, die Zustimmung zu verweigern, um eine Hauptverhandlung zu erzwingen und dort dann die Terminsgebühr der Nr. 4108 VV zu verdienen.
Beispiel
Gegen den Beschuldigten ergeht ein Strafbefehl. Verhängt werden 30 Tagessätze zu jeweils 30,00 EUR. Der Verteidiger legt Einspruch ein und beschränkt diesen auf die Höhe des Tagessatzes, da der Beschuldigte lediglich 300,00 EUR netto zur Verfügung hat. Das Gericht ist bereit, die Höhe des Tagessatzes auf 10,00 EUR zu beschränken und bietet an, mit dieser Maßgabe im schriftlichen Verfahren nach § 411 Abs. 1 S. 3 StPO zu entscheiden. Der Verteidiger stimmt nach Beratung des Beschuldigten zu. Zutreffend ist es, auch eine zusätzliche Gebühr abzurechnen:
1. |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV |
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165,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV |
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140,00 EUR |
3. |
Verfahrensgebühr, analog Anm. Abs. 1 zu Nr. 4141, 4106 VV |
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140,00 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
465,00 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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88,35 EUR |
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Gesamt |
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553,35 EUR |
Gesetzliche Klarstellung geplant
Mit dem 2. KostRMoG wird die Rechtslage geklärt. In Nr. 4141 VV wird eine neue Nr. 4 eingeführt:
4141 |
Durch die anwaltliche Mitwirkung wird die Hauptverhandlung entbehrlich: |
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Zusätzliche Gebühr |
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in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr (ohne Zuschlag) |
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(1) Die Gebühr entsteht, wenn … |
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4 |
das Verfahren durch Beschluss nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO durch Beschluss endet. |
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