Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. BRAGO-Vergleichsgebühr
Der BGH hat durch Beschluss v. 1.3.2005 – VIII ZB 54/04 die Entstehung der Vergleichsgebühr gem. § 23 BRAGO bei einer Ratenzahlungsvereinbarung über eine unstreitige Forderung bejaht. Dies hat der BGH damit begründet, dass zwar kein streitiges Rechtsverhältnis mehr vorliegt, jedoch i.S.v. § 779 Abs. 2 BGB die Verwirklichung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs unsicher ist. Das für die Entstehung der BRAGO-Vergleichsgebühr gem. § 779 Abs. 1 BGB erforderliche gegenseitige Nachgeben der Parteien bestand nach Auffassung des BGH in dem Abschluss des gerichtlichen Vergleichs. Denn hierdurch hat der Beklagte der klagenden Partei einen sicheren Vollstreckungstitel verschafft, dessen Erlass er ansonsten mit prozessualen Mitteln zumindest vorübergehend hätte verzögern können.
2. RVG-Einigungsgebühr
Die Entstehung der RVG-Einigungsgebühr kann deshalb als problematisch angesehen werden, weil die Entstehungsvoraussetzungen für die Einigungsgebühr in Anm. Abs. 1 zu Nr. 1000 VV anders geregelt sind als bei der Vergleichsgebühr in § 23 BRAGO. Anders als bei § 23 BRAGO, in dem durch das Klammerzitat (§ 779 BGB) feststand, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 779 BGB erfüllt sein müssen, um die Vergleichsgebühr entstehen zu lassen, fehlt in Nr. 1000 VV die Bezugnahme auf § 779 BGB. Hieraus wird einerseits übereinstimmend gefolgert, dass zur Entstehung der Einigungsgebühr gegenseitiges Nachgeben der Parteien (§ 779 Abs. 1 BGB) nicht mehr erforderlich ist. Andererseits wird tlw. aus dieser fehlenden Bezugnahme auf § 779 Abs. 2 BGB auch geschlossen, dass die Unsicherheit über die Rechtsverwirklichung die Einigungsgebühr im Gegensatz zur Vergleichsgebühr nicht auslöst und nach dem Wortlaut von Anm. Abs. 1 zu Nr. 1000 VV daher Streit oder Unsicherheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis vorliegen muss.
Der BGH hat in der vorliegenden Entscheidung klargestellt, dass auch bei der Einigungsgebühr die Unsicherheit über die Rechtsverwirklichung der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis gleichsteht (§ 779 Abs. 2 BGB). Erfüllt daher die Einigung die Merkmale eines Vergleichs i.S.v. § 779 BGB und wäre nach der früheren Regelung des § 23 BRAGO eine Vergleichsgebühr angefallen, entsteht regelmäßig auch die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV. Da sowohl die Klägerin durch Bewilligung von Ratenzahlungen als auch der Beklagte durch Verzicht auf Rechtsbehelfe gegen den Mahn- und Vollstreckungsbescheid i.S.v. § 779 BGB gegenseitig nachgegeben haben, ist die Einigungsgebühr angefallen.
Der Anfall der Einigungsgebühr ist somit nach Auffassung des BGH nicht nur dann zu bejahen, wenn ein streitiges Rechtsverhältnis vorliegt, sondern auch dann, wenn die Rechtsverwirklichung unsicher ist und gegenseitiges Nachgeben der Parteien vorliegt.
3. Aufnahme der Einigungsgebühr in den Vollstreckungsbescheid
Der BGH hat in der Entscheidung festgestellt, dass die durch die im Mahnverfahren getroffene Ratenzahlungsvereinbarung entstandene Einigungsgebühr in den Vollstreckungsbescheid aufgenommen werden kann. Das ist zutreffend, weil die Einigungsgebühr zu den Kosten des Mahnverfahrens zählt, § 699 Abs. 3 ZPO. Weitere Voraussetzung für die Titulierung der Einigungsgebühr im Vollstreckungsbescheid ist, dass der erstattungspflichtige Beklagte in der Ratenzahlungsvereinbarung seine Verpflichtung zur Zahlung der Einigungsgebühr anerkannt hat bzw. feststeht, dass er die Einigungsgebühr zahlen soll. Diese Voraussetzung hat der BGH als erfüllt angesehen, weil sich die Parteien darauf geeinigt hatten, dass sich die Klägerin sämtliche Forderungen, auch die auf Erstattung der Einigungsgebühr, in einem Vollstreckungsbescheid titulieren lassen darf.
Es kommt für die Aufnahme der Einigungsgebühr in den Vollstreckungsbescheid somit darauf an, dass feststeht, dass der Schuldner die Kosten der Ratenzahlungsvereinbarung zahlt. Denn nach der Rspr. des BGH sind die Einigungskosten in entsprechender Anwendung von § 98 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn die Parteien keine Kostenübernahme durch den Schuldner vereinbart haben.
Auch die durch eine etwaige Besprechung i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV im Mahnverfahren angefallene Terminsgebühr (vgl. Vorbem. 3.3.2 i.V.m. Nr. 3104 VV) muss auf Antrag gem. § 699 Abs. 3 ZPO in den Vollstreckungsbescheid aufgenommen werden, wenn die Entstehung glaubhaft gemacht worden ist.