RVG §§ 48 Abs. 1 55; ZPO §§ 114, 121
Leitsatz
- Ein Anwalt ist verpflichtet, bei mehreren ihm erteilten Mandaten zur Erhebung jeweils einer Kündigungsschutzklage gegen denselben Arbeitgeber diese in einem Sammelverfahren zu betreiben, um Kosten zu sparen.
- Ist den Klägern für getrennte Klageverfahren jeweils Prozesskostenhilfe bewilligt worden, bindet diese Bewilligung nicht, im späteren Kostenfestsetzungsverfahren die Vergütung nur einmal aus dem Gesamtwert festzusetzen.
LAG München, Beschl. v. 9.2.2007–10 Ta 193/05
Sachverhalt
Die dem Kläger beigeordnete Prozessbevollmächtigte hatte für diesen eine Forderungsklage über 12.899,85 EUR gegen die Beklagte erhoben.
Am gleichen Tag hat sie für zunächst unter der gleichen Adresse wohnhafte weitere 19 Kläger gleichfalls Forderungsklagen in unterschiedlicher Höhe gegen dieselbe Beklagte erhoben. Auch in diesen Verfahren ist sie den Klägern vom ArbG beigeordnet worden. Sämtliche Verfahren sind durch einen wörtlich übereinstimmenden gerichtlichen Vergleich beendet worden.
Mit ihren Festsetzungsanträgen hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers in sämtlichen Verfahren die Festsetzung der aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren beantragt. Dabei hat sie jeweils eine 1,3-Terminsgebühr und eine 1,2-Verfahrensgebühr und eine 1,0-Einigungsgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer aus den jeweiligen individuellen Streitwerten geltend gemacht. Im Einzelnen handelt es sich dabei in folgenden Verfahren um folgende von der Prozessbevollmächtigten des Klägers geltend gemachten Gebühren:
1 Ca 2740/04 |
C. |
1.031,47 EUR |
1 Ca 2741/04 |
C. |
973,00 EUR |
1 Ca 2742/04 |
D. |
883,80 EUR |
1 Ca 2743/04 |
E. |
1.031,47 EUR |
1 Ca 2744/04 |
N. |
1.031,47 EUR |
1 Ca 2745/04 |
G. |
936,20 EUR |
1 Ca 2746/04 |
G. |
1.031,47 EUR |
1 Ca 2747/04 |
G. |
966,82 EUR |
1 Ca 2748/04 |
H. |
1.055,72 EUR |
1 Ca 2749/04 |
I. |
...... |
1 Ca 2750/04 |
I. |
936,20 EUR |
1 Ca 2751/04 |
I. |
883,80 EUR |
1 Ca 2752/04 |
I. |
677,09 EUR |
1 Ca 2753/04 |
M. |
883,80 EUR |
1 Ca 2754/04 |
M. |
851,44 EUR |
1 Ca 2755/04 |
N. |
966,28 EUR |
1 Ca 2756/04 |
O. |
966,28 EUR |
1 Ca 2757/04 |
P. |
1.005,72 EUR |
1 Ca 2758/04 |
P. |
851,44 EUR |
1 Ca 3411/04 |
A. |
966,28 EUR |
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat für sämtliche 20 Verfahren zusammen den aus der Staatskasse zu zahlenden Betrag auf 1.610,66 EUR festgesetzt. Er hat dabei die Streitwerte aller Verfahren addiert und daraus jeweils nur einmal eine 1,3-Verfahrensgebühr, 1,2-Terminsgebühr und 1,0-Einigungsgebühr nebst Postentgeltpauschale und Mehrwertsteuer berücksichtigt.
Die hiergegen von der Prozessbevollmächtigten eingelegten Erinnerungen wurden zurückgewiesen. Die daraufhin eingelegte Beschwerde der Prozessbevollmächtigten hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Prozessbevollmächtigten des Klägers für dieses und alle anderen Verfahren gegen die gleiche Beklagte zusammen nur jeweils eine 1,3-Verfahrens-, 1,2-Termins- und 1,0-Einigungsgebühr aus den zusammengerechneten Streitwerten aller Verfahren i.H.v. 149.196,67 EUR zustehen kann und daher zu ihren Gunsten aus der Staatskasse insgesamt ein Betrag von 1.610,66 EUR festzusetzen ist. Denn der Gebührenanspruch der Prozessbevollmächtigten des Klägers besteht nur in der Höhe, als wenn alle Klagen in einem einheitlichen Verfahren geltend gemacht worden wären. Zutreffend hat daher das ArbG die Erinnerung der Prozessbevollmächtigten des Klägers zurückgewiesen.
a) Es entspricht ständiger Rspr. der für Kostensachen zuständigen Kammer des LAG, dass die Staatskasse nicht verpflichtet ist, auf Kosten des Steuerzahlers Kosten zu tragen, die bei Beachtung der Grundsätze einer wirtschaftlichen Prozessführung nicht entstanden wären (vgl. Beschl. v. 2.2.2007–10 Ta 117/05; 20.7.2006–10 Ta 170/05; 5.1.2006–10 Ta 293/04; 7.10.2005–10 Ta 454/03; 25.1.2005–10 Ta 136/03; 30.4.2004–10 Ta 223/02). Gebühren, die erst dadurch entstehen, dass Streitgegenstände in gesonderten Klagen statt durch Klagehäufung geltend gemacht werden, sind daher nicht zu erstatten, wenn dies nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entsprach. Zweckentsprechender Rechtsverfolgung entspricht ein derartiges Vorgehen dabei nur, wenn dies notwendig ist.
aa) Dies folgt daraus, dass mit Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das Gericht nicht darüber entschieden ist, in welcher Höhe dem beigeordneten Rechtsanwalt Ansprüche gegen die Staatskasse zustehen. Im Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe wird über die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung sowie darüber entschieden, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig ist. Erst in dem Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 Abs. 1 RVG wird darüber entschieden, welche Ansprüche in welcher Höhe die Staatskasse treffen. Die Rechtslage ist keine andere als bei der Kostenfestsetzung aufgrund eines Kostenanerkenntnisses im Endurteil. Im Urteil werden der unterlegenen Partei die Kosten ohne Einschränkung auferlegt. Gleichwohl ist im Rahmen der Kostenfestsetzung – und erst in diesem Stadium des Verfahrens...