ZPO § 4 Abs. 1
Leitsatz
Im Falle der gleichzeitigen Geltendmachung einer Nebenforderung mit einer Hauptforderung hat das Gericht nach allgemein anerkannten Grundsätzen auch über die Nebenforderung zu entscheiden. Aufgrund dessen besteht auch für den unterhaltsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch eine Annexkompetenz des Familiengerichts.
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 13.10.2008–9 WF 85/08
Sachverhalt
Die Klägerin hatte für eine beabsichtigte Stufenklage auf Unterhalt Prozesskostenhilfe beantragt. Das FamG hat der Klägerin zunächst für die Auskunftsstufe Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlungen bewilligt.
Nachdem der Beklagte im Verlaufe des Verfahrens Auskunft erteilt hat, hat die Klägerin die Auskunftsklage für erledigt erklärt und um Prozesskostenhilfe für die Erhebung der Zahlungsklage innerhalb der Stufenklage nachgesucht, mit der sie unter anderem eine Verurteilung des Beklagten dahingehend erstrebt, sie von der Zahlung von 775,64 EUR an ihre Prozessbevollmächtigten freizustellen (Antrag zu 3). Diese Kosten seien durch die vorgerichtliche Beauftragung ihrer Anwälte entstanden und als Verzugsschaden zu ersetzen.
Das FamG hat die Prozesskostenhilfe für den beabsichtigten Antrag zu 3) verweigert unter Hinweis darauf, dass es an der familiengerichtlichen Zuständigkeit fehle.
Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hatte Erfolg.
Aus den Gründen
Für den mit dem beabsichtigten Klageverfahren im Übrigen verfolgten Antrag zu 3) ist das FamG sachlich zuständig. Die Zuständigkeit des FamG ist dadurch begründet, dass es sich bei der geltend gemachten Forderung nur um eine Nebenforderung zu der bereits anhängigen Hauptsache, für die im Übrigen Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, handelt.
Werden vorprozessual aufgewendeten Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten (restlichen) Hauptanspruchs (hier: der nicht auf die Verfahrensgebühr anrechenbare Teil einer Geschäftsgebühr) als materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der sie sich herleiten, gerichtlich geltend gemacht, sind sie von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig und stellen deshalb eine Nebenforderung i.S.v. § 4 Abs. 1 ZPO dar, solange die Hauptforderung Gegenstand des Rechtsstreits ist. Unerheblich ist dabei, ob der geltend gemachte Betrag der Hauptforderung hinzugerechnet oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags ist. Dieses Abhängigkeitsverhältnis schließt zudem eine streitwerterhöhende Berücksichtigung aus (BGH NJW-RR 2008, 374, m.z.w.Nachw.).
Im Falle der gleichzeitigen Geltendmachung einer Nebenforderung mit der Hauptforderung hat das Gericht nach allgemein anerkanntem Grundsatz auch über die Nebenforderung zu entscheiden. Aufgrund dessen besteht auch für den materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch eine Annexkompetenz des FamG (juris PK-T. Schmidt, Kostenrechtliche Hinweise in Familiensachen, 3. Aufl., Rn 323; vgl. hierzu auch OLG Hamm OLGR 2003, 185).
Von daher besteht die sachliche Zuständigkeit des FamG auch für den beabsichtigten Antrag zu 3.
Da das FamG eine sachliche Prüfung des Prozesskostenhilfeantrages für den geltend gemachten Antrag zu 3) nicht vorgenommen hat, ist der angefochtene Beschluss insoweit aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das FamG zurückzuverweisen.
Anmerkung
Nach dem zum 1.9.2009 in Kraft tretenden FamFG wird sich diese Frage erübrigen. Nach §§ 112 Nr. 3, 266 FamFG werden solche Streitigkeiten als Familienstreitsachen zur ausschließlichen Zuständigkeit des FamG zählen.