Die Verwaltungsabteilung des OLG Hamm hat zu der weiteren Beschwerde u.a. wie folgt Stellung genommen:

Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingereicht worden (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 6, 3 S. 3 RVG). In der eigentlichen Rechtsfrage des Haftzuschlages, der vom AG und LG die grundsätzliche Bedeutung zugemessen wurde, ist der landgerichtlichen Beschwerdeentscheidung m.E. allgemein uneingeschränkt beizupflichten. Die insoweit im Mittelpunkt der Kernfrage stehende Entscheidung des OLG Hamm v. 6.6.2005 – (2 (s) Sbd VIII – 110/05), in der eine Gebühr mit Haftzuschlag für das hinzuverbundene Verfahren verneint wurde, weil der Mandant nur wegen des "führenden" Verfahrens in Haft genommen worden war, ist m.E. weder mit dem Sinn noch mit dem Wortlaut des RVG zu vereinbaren. Der die Entscheidung verfassende Einzelrichter des damalig zuständigen Strafsenats hat seiner Entscheidung auch bereits in der 1. Aufl. seines herausgegebenen Kommentars RVG – Straf- und Bußgeldsachen (vgl. Vorbem. 4 Rn 82 f., 81 in der 1. Aufl. von 2004, wdh. in der Rn 89 f., 87 in der 2. Aufl. von 2007) widersprochen.

Nach ganz h.M. muss sich der Beschuldigte nicht in der Sache in Haft befinden, in der ihn der Rechtsanwalt verteidigt. Auch wenn er sich in anderer Sache in (Untersuchungs-)Haft befindet, entstehen deswegen selbstverständlich Erschwernisse für den Rechtsanwalt, die die Anwendung der Zuschlagsgebühr rechtfertigen. Mit dem Zuschlag sollen nämlich die Schwierigkeiten bzw. Erschwernisse, die der Rechtsanwalt hat, um Zugang zu seinem Mandanten zu bekommen, um sich mit diesem zu besprechen, insbesondere also Besuche in der Justizvollzugsanstalt abgegolten werden. Von der a.M. (vgl. auch Gerold/Schmidt/Burhoff, VV Vorbem. 4 Rn 46; Schneider/Wolf, AnwK-RVG, 4. Aufl. 2008, Autor: N. Schneider, Vorbem. 4 RVG Rn 46; Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 14. Aufl. 2009, Autor: Baumgärtel, Vorbem. 4 Rn 22 unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung zu Teil 4 VV, BT-Drucks 15/1971, S. 221; BeckOK RVG, Autor: Kotz, Vorbem. 4 Rn 95 f.) abweichende Kommentarstellen sind mir nicht bekannt.

Somit ist auch die beschriebene Korrespondenz, in der der Verfasser der kritisierten Entscheidung vom 6.6.2005 und Herausgeber des o.a. Kommentars die Entscheidung als eine "unzweifelhafte Fehlentscheidung" gewertet haben mag, nachvollziehbar.

Die vom Bezirksrevisor herangezogene Entscheidung des BVerfG v. 28.9.1995 (2 BvR 1499/95) steht dem nicht entgegen. Sie befasst sich mit einer gerichtlichen Entscheidung zu einer Vorschrift der damaligen BRAGO, zu der es zum einstigen Zeitpunkt noch keine feste Auslegungspraxis gab. Die heutige a.M. zur Anwendung der Gewährung des Haftzuschlages im RVG wird m.E. fast ausnahmslos angewandt. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht die hier vertretene Auffassung auch als naheliegend bezeichnet und die gegenteilige Entscheidung lediglich als objektiv nicht willkürlich eingestuft.

Die vom Bezirksrevisor eingelegte weitere Beschwerde wäre demnach als unbegründet zurückzuweisen. M. E. ist ihr aber wegen eines verfahrensrechtlichen Mangels stattzugeben. Denn die nachträgliche Zulassungsentscheidung im Ergänzungsbeschluss des AG Bochum vom 29.4.2009 war m.E. unbeachtlich, so dass die sofortige Beschwerde bereits unzulässig war. Zur Nachholung der Zulassungsentscheidung führt Volpert im Kommentar Burhoff (Hrsg.), RVG – Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl. 2007, über lexisnexis.com, § 33 Rn 20 Folgendes aus: "Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass nach Vorstellung des Gesetzgebers die Zulassung der Beschwerde nicht nur in der angefochtenen Entscheidung erfolgen, sondern auch noch später – etwa nach Einlegung und Begründung der Beschwerde – nachgeholt werden kann (BT-Drucks 15/1971, S. 196 und 157). Die Möglichkeit der nachträglichen Zulassung der Beschwerde ist jedoch in den Gesetzeswortlaut nicht aufgenommen worden, so dass die nachträgliche Zulassung von der überwiegenden Meinung abgelehnt wird (BGH FamRZ 2004, 530 = NJW 2004, 779; OLG Saarbrücken OLGR 2005, 513; LG Koblenz FamRZ 2005, 741 [LG Koblenz 11.11.2004–9 Qs 223/04]; AnwK-RVG/E. Schneider, § 33 Rn 87; vgl. AnwK-RVG/Schnapp, § 56 Rn 17; Hartmann, KostG, § 33 RVG Rn 21; Gerold/Schmidt/Madert, § 33 Rn 19; a.A. Hartung/Römermann/Hartung, § 56 Rn 31). Enthält die Erinnerungsentscheidung keine Zulassung der Beschwerde, ist dies als konkludente Nichtzulassung der Beschwerde anzusehen (vgl. OLG Saarbrücken OLGR 2005, 513; NJW-RR 1999, 214; LG Koblenz FamRZ 2005, 741 [LG Koblenz 11.11.2004–9 Qs 223/04]; AnwK-RVG/E. Schneider, § 33 Rn 88)." Soweit Schneider im Kommentar Schneider/Wolf, AnwK-RVG, 4. Aufl. 2008, über lexisnexis.com, § 33 Rn 88, 89 neben einer unbeachtlichen Ergänzung nach § 321 ZPO eine Berichtigung des Beschlusses nach § 319 ZPO in Betracht zieht, dürfte es seiner Meinung nach für die Annahme einer "offenbaren" Unrichtigkeit aber nur selten einen zureichenden Grund geben.

M.E. reicht das Übersehen des Nichterreichens des Beschwer...

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