RVG § 4 a.F.; BGB § 138
Leitsatz
- Eine Vergütungsvereinbarung zwischen Rechtsanwalt und Mandant, nach der der Rechtsanwalt für seine außergerichtliche Tätigkeit ein Honorar in Höhe von 150,00 EUR je Stunde erhält, ist auch dann nicht nach § 138 BGB sittenwidrig, wenn durch den erheblichen Zeitaufwand bei Bearbeitung der Angelegenheit der auf Stundenbasis berechnete Zahlungsanspruch denjenigen, der sich bei einer streitwertabhängigen Berechnung ergeben würde, deutlich übersteigt.
- Schließen die Vertragsparteien zur Beseitigung eines Streits aus einer Vergütungsvereinbarung einen Vergleich, so bedarf dieser nicht der Form des § 4 a.F. RVG = § 3a RVG.
OLG Celle, Urt. v. 18.11.2009–3 U 115/09
Sachverhalt
Der Kläger begehrt vom Beklagten Zahlung restlichen Anwaltshonorars. Der Kläger war für den Beklagten im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens tätig, in dem der Beklagte, der im Lokal seines Vaters als Kellner arbeitete, beschuldigt wurde, als verdeckter Geschäftsführer selbst unmittelbar Steuern hinterzogen oder jedenfalls zur Steuerhinterziehung Beihilfe geleistet zu haben. In Rede stand ein Betrag von 180.000,00 EUR. Das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. Der Beklagte hat auf der Grundlage einer tatsächlichen Verständigung, die aufgrund von Verhandlungen des Klägers mit dem Finanzamt erzielt wurde, Steuern in Höhe von 40.000,00 EUR nachgezahlt.
Der Kläger hat seinen Vergütungsanspruch zunächst auf der Grundlage einer zwischen den Parteien getroffenen Honorarvereinbarung mit netto 9.477,99 EUR zuzüglich Auslagen, u.a. für die Hinzuziehung des Steuerberaters M. in Höhe von netto 1.500,00 EUR, in Rechnung gestellt. Auf der Grundlage einer nach Rechnungsstellung erfolgten Absprache zwischen dem Kläger und dem Beklagten, die als solche unstreitig ist, hat der Kläger sein Honorar auf 6.500,00 EUR ermäßigt. Auf dieser Vereinbarung beruht die Rechnung des Klägers, mit der er nunmehr ein eigenes Honorar in Höhe von 6.500,00 EUR sowie Auslagen für den Steuerberater M. in Höhe von netto 1.500,00 EUR geltend gemacht hat. Unter Berücksichtigung erfolgter Auslagen und Umsatzsteuer sowie einer bereits geleisteten Teilzahlung in Höhe von 2.000,00 EUR errechnete sich eine Honorarforderung in Höhe von 7.326,40 EUR, auf die der Beklagte unstreitig weitere 2.000,00 EUR gezahlt hat.
Auf dieser Grundlage hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 5.326,40 EUR zuzüglich Zinsen zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, die zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung sei gem. § 138 BGB sittenwidrig. Ein Vergleich zwischen den dem Kläger gesetzlich zustehenden Gebühren, die sich, wie von der Generalstaatsanwaltschaft als Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen festgesetzt, auf 490,91 EUR beliefen und dem vom Kläger verlangten Betrag in Höhe von 9.297,00 EUR (netto) ergebe, dass die Honorarforderung des Klägers dessen gesetzlichen Anspruch um etwa das 20-fache überschreite. Auch die auf 6.500,00 EUR ermäßigte Forderung sei nach § 138 BGB sittenwidrig. Zudem hat der Beklagte bestritten, dass die Arbeiten, die der Kläger in einem Zeitjournal erfasst hat und die zu einem erheblichen Teil die Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt wegen der nachzuzahlenden Steuern betreffen, vom Gegenstand der Honorarvereinbarung umfasst waren. Auch der vom Kläger berechnete Zeitaufwand sei weder geleistet worden noch erforderlich gewesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Aus der Honorarvereinbarung stehe dem Kläger kein Honorar zu. Die Liquidation enthalte unter verschiedenen Positionen einen Zeitaufwand, der von der Honorarvereinbarung nicht erfasst sei, da es sich insoweit nicht um Tätigkeiten gehandelt habe, die mit dem Ermittlungsverfahren sowie Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang gestanden hätten. Soweit der Kläger sein Honorar auf 6.500,00 EUR ermäßigt habe, fehle es für einen Zahlungsanspruch an einer hierfür wirksamen, insbesondere den Voraussetzungen des § 4 RVG a.F. entsprechenden Honorarvereinbarung. Ersatz seiner Auslagen für den Steuerberater M. in Höhe von netto 1.500,00 EUR könne der Kläger nicht beanspruchen, da nicht dargelegt sei, dass – wie in der Honorarvereinbarung vorgesehen – die Beauftragung Dritter nur in Abstimmung mit dem Beklagten erfolgen durfte.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Er wendet sich gegen die Auffassung des LG, wonach die Vereinbarung über die Zahlung eines Honorars von 6.500,00 EUR ihre Grundlage nicht in der Vereinbarung der Parteien haben könne. Die Herabsetzung der ursprünglichen Forderung aufgrund der mit dem Beklagten getroffenen Einigung stelle keine neue Honorarvereinbarung, sondern lediglich eine Einigung über die Höhe des geschuldeten Honorars dar. Maßgeblich für den Umfang der vom Beklagten zu vergütenden Leistungen sei daher die Vereinbarung. Diese umfasse entgegen der Auffassung des LG a...