Die Beklagte hat nach § 249 Abs. 1, 2 S. 1 BGB auch die mit der Klage geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.028,36 EUR nebst Zinsen zu ersetzen. Die Beklagte hat jedenfalls in der Berufungsinstanz keine Einwendungen gegen die Höhe der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten erhoben. Sie bestreitet allerdings die Fälligkeit dieses Anspruchs mit dem Hinweis auf eine fehlende Rechnungsstellung.

Die Erstrichterin hat das klägerische Begehren mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe ihre Aktivlegitimation nicht ausreichend nachgewiesen. Sie hat hierbei nicht nur den Sachvortrag der Parteien, sondern auch grundlegende Beweisregeln verkannt.

1. Nach dem Sach- und Rechtsvortrag der 1. Instanz ist unstreitig, dass die Klägerin jedenfalls zunächst einen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen notwendigen Rechtsanwaltskosten erlangt hat. Die Beklagte hat die Erstattungspflicht auch nicht grundsätzlich bestritten sondern lediglich bemängelt, dass eine Kostenrechnung nicht vorliegt und meint, dass es deshalb an einer Fälligkeitsvoraussetzung fehlen würde. Im Übrigen hat sie "interessewahrend" mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin die Kosten bereits bezahlt hat und darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass eine Rechtschutzversicherung eintrittspflichtig sei, eine Aktivlegitimation nicht gegeben sei.

Der Klägervertreter hat hierauf im Schriftsatz erwidert und die Ansicht vertreten, dass weder eine gesonderte Rechnung noch eine Zahlung der Rechtsanwaltskosten durch den Geschädigten Voraussetzung für die Geltendmachung außergerichtlicher Anwaltskosten seien. Vorsorglich rechnete er aber gleichwohl die Kosten seiner Beauftragung ab. In der Folgezeit wurden im erstinstanzlichen Verfahren die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten weder von den Parteivertretern noch dem Gericht thematisiert.

Die Erstrichterin geht damit bereits im Ansatz fehl, wenn sie die Aktivlegitimation der Klägerin für strittig ansieht. Der Beklagtenvortrag in der Klageerwiderung beschränkt sich lediglich auf einen allgemeinen Hinweis, dass für den Fall der Eintrittspflicht einer Rechtsschutzversicherung die Aktivlegitimation nicht gegeben sei. Ein prozessuales Bestreiten der Aktivlegitimation ist hierin auch unter Beachtung des § 138 Abs. 3 ZPO nicht zu sehen.

Im Übrigen hätte es vor der ablehnenden Entscheidung zumindest eines richterlichen Hinweises nach § 139 Abs. 1 S. 2 ZPO an beide Parteien bedurft, um die Rechtsverteidigung der Beklagten in diesem Punkt abzuklären und der Klägerin Gelegenheit zu geben, noch entsprechend vorzutragen.

2. Ohnehin würde ein Forderungsübergang auf die Rechtsschutzversicherung erst dann zum Verlust der Aktivlegitimation der Klägerin führen, wenn die Rechtsschutzversicherung tatsächlich Leistungen erbracht hätte § 67 VV G a.F. bzw. § 86 Abs. 1 VV G n.F. Bei einer entsprechenden Behauptung der Beklagtenseite würde es sich deshalb um eine rechtsvernichtende Einwendung handeln, für die die Beklagte und nicht – wie von der Erstrichterin angenommen – die Klägerin die Beweislast trägt. Der Klägerin würde allenfalls eine sekundäre Darlegungslast obliegen, der sie aber bereits durch die Erklärung genügt hat, dass eine Leistung der Rechtsschutzversicherung nicht erfolgt ist. In der Berufungsbegründung hat die Klägervertreterin nunmehr ohnehin ergänzend hierzu noch eine anwaltschaftliche Versicherung vorgelegt. Dieses Vorbringen konnte wegen der erstinstanziellen Verletzung der richterlichen Hinweispflicht im Berufungsverfahren auch nicht wegen Verspätung zurückgewiesen werden (§ 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO).

3. Die von der Beklagten angezweifelte Fälligkeit der entstandenen Rechtsanwaltskosten berührt die Frage der Aktivlegitimation nicht und hat auch nicht die Unbegründetheit der klägerischen Forderung zur Folge. Der auf § 10 RVG gestützte Einwand der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Der Gebührenanspruch eines Rechtsanwalts entsteht, sobald der Anwalt die gebührenpflichtige Tätigkeit vorzunehmen beginnt (Hartmann, KostG, 39. Aufl. 2009, § 8 RVG Rn 1) und wird gem. § 8 Abs. 1 S. 1 RVG mit Erledigung des Auftrags bzw. Beendigung der Angelegenheit fällig.

Das Erfordernis der Rechnungsstellung nach § 10 Abs. 1 RVG betrifft (nur) die Einforderbarkeit der Vergütung im Verhältnis zum Mandanten des Anwalts. Sie bedeutet, wie sich aus § 10 Abs. 3 RVG zwingend ergibt, nicht etwa, dass der Anwalt überhaupt keinen materiellrechtlichen Anspruch hat (Senat AnwBl 2006, 768 = OLGR 2007, 499 = JurBüro 2006, 634 = zfs 2007, 48 = VersR 2007, 267 = NZV 2007, 211; Urt. v. 13.11.2009 – 10 U 3259/09; i. Erg. ebenso BGH VersR 2007, 215 = NZV 2007, 181 [= AGS 2007, 28]). § 10 Abs. 1 RVG gilt nicht im Bereich des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs (Senat a.a.O.; Schneider, RVG, 3. Aufl. 2006, § 10 Rn 11; Hartmann a.a.O.; a.A. LG Bonn AGS 2006, 19 [insoweit in NJW 2005, 1873 = NZV 2005, 583 nicht abgedruckt]; offen gelassen von AG Düsseldorf AGS 2004, 191).

Im Übrigen hätte die Erstrichterin auch hier nach § 139 Abs. ...

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