ARB § 5 (1) a) S. 1
Leitsatz
- Das in § 5 (1) a) S. 1 ARB 94 enthaltene Leistungsversprechen des Rechtsschutzversicherers erfasst auch die Rechtsanwaltsvergütung, die durch die Selbstvertretung eines versicherten Rechtsanwalts in einem Zivilrechtsstreit entsteht.
- Der Versicherungsnehmer ist grundsätzlich verpflichtet, mehrere prozessuale Begehren in einem Verfahren zu verfolgen. Verstößt er gegen diese Obliegenheit, kann er vom Rechtsschutzversicherer die ihm entstandenen Kosten nur insoweit erstattet verlangen, als sie bei einheitlichem Vorgehen entstanden wären.
BGH, Urt. v. 10.11.2010 – IV ZR 188/08
1 Sachverhalt
Die Klägerin fordert – soweit im Revisionsverfahren zuletzt noch im Streit – Versicherungsleistungen für insgesamt vier selbstständige Beweisverfahren aus der von ihr unter Mitversicherung ihres Ehemannes, eines Rechtsanwalts (des Klägers zu 2), bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten gehaltenen Rechtsschutzversicherung, welcher die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 94) zugrunde liegen.
Die Klägerin und ihr Ehemann hatten Streit mit den Vermietern des von ihnen bewohnten Hauses. Wegen behaupteter Mängel dieser Mietsache leitete der Ehemann der Klägerin unter anderem in den Jahren 2004 bis 2005 jeweils als alleiniger Antragsteller insgesamt vier selbstständige Beweisverfahren ein. In allen Verfahren vertrat sich der Ehemann der Klägerin selbst.
Die Beklagte lehnte eine Erstattung der durch diese Selbstvertretung entstandenen Rechtsanwaltskosten ab. Ferner beanstandete sie, dass durch die jeweils gesonderten Anträge auf Beweissicherung unnötig hohe Kosten entstanden seien und der Ehemann der Klägerin es entgegen § 17 (5) c) aa) ARB 94 versäumt habe, vor Antragstellung jeweils die Zustimmung des Versicherers einzuholen. Die Parteien hatten deswegen bereits in den Jahren 2005/2006 einen Rechtsstreit um die Erstattung der Rechtsverfolgungskosten geführt. Darin wurde rechtskräftig festgestellt, dass die Beklagte "Rechtsschutz zu gewähren hat in dem Umfang, in dem sie bei Einholung ihrer Zustimmung vor Einleitung dieser Beweisverfahren zu leisten gehabt hätte".
Die Klägerin fordert die Erstattung der durch die Selbstvertretung ihres Ehemannes entstandenen Rechtsanwaltsgebühren. Die vier Beweisverfahren seien bei der für die Kostenerstattung maßgeblichen Gebührenermittlung getrennt abzurechnen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Klägerin der Klage teilweise stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin nach teilweiser Rücknahme des Rechtsmittels nur noch das oben genannte Klagebegehren weiter. Ihr Ehemann hat seine Revision zurückgenommen. Die Revision der Klägerin hat zum Teil Erfolg.
2 Aus den Gründen
I. Das Berufungsgericht (dessen Urteil in AGS 2008, 478 = zfs 2008, 650 veröffentlicht ist) meint, Kosten für die anwaltliche Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin in eigener Sache müsse die Beklagte ungeachtet des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO nicht erstatten. Das allein maßgebliche, in § 5 (1) a) S. 1 ARB 94 enthaltene Leistungsversprechen erfasse den Sonderfall der Selbstvertretung eines Rechtsanwalts nicht. Die nachfolgende Klausel des § 5 (2) a) ARB 94, wonach die Kostenübernahme vom Versicherer erst gegen Nachweis einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung oder ihrer Erfüllung verlangt werden könne, führe dem Versicherungsnehmer hinreichend vor Augen, dass nur tatsächlich bestehende Zahlungsverpflichtungen, die bei einer Selbstvertretung nicht entstünden, die Leistungspflicht des Versicherers auslösten. Der Zweck einer Rechtsschutzversicherung bestehe in der Kompensation der mit einer Rechtsverfolgung verbundenen Vermögenseinbußen und nicht darin, anderweitige Umsatz- oder Gewinnhoffnungen der versicherten Person zu erfüllen.
Dem Versicherer sei es auch nach Treu und Glauben nicht verwehrt gewesen, seine Rechtsauffassung in Abkehr von früher erteilten Deckungszusagen für andere Versicherungsfälle zu ändern.
Im Übrigen seien die erstattungsfähigen Kosten für die letzten vier selbstständigen Beweisverfahren anhand eines einzigen, fiktiv die vier Teil-Gegenstandswerte zu einem Gesamtgegenstandswert bündelnden Beweisverfahrens zu berechnen. Das folge aus der rechtskräftigen Entscheidung des Vorprozesses.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nur zum Teil stand. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin und ihrem Ehemann als Gesamtgläubiger aus den letzten vier selbstständigen Beweisverfahren weitere 1.372,05 EUR für anwaltliche Gebühren und Auslagen zu erstatten, die durch die anwaltliche Selbstvertretung des Ehemannes entstanden sind.
1. Ob der Rechtsschutzversicherer auch Rechtsverfolgungskosten aus einer solchen Selbstvertretung zu erstatten hat, hängt von der Auslegung der maßgeblichen Versicherungsbedingungen ab. Die hier vereinbarten ARB 94 enthalten unter anderem folgende Klauseln:
"§ 1 Aufgaben der Rechtsschutzversicherung"
Der Versicherer sorgt dafür, dass der Versicherungsnehmer seine rechtlichen Interessen wahrnehmen kann, und trägt die für die Interessenwahrnehmung erforderlic...