ZPO §§ 114, 780
Leitsatz
Einem Beklagten, der sich nur auf die Einrede der beschränkten Erbenhaftung beruft, ist nicht nur teilweise, sondern insgesamt Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung zu bewilligen.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.5.2010 – I-24 W 27/10
1 Aus den Gründen
Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Beklagten zu 2) ist ratenfrei Prozesskostenhilfe zu bewilligen, § 114 ZPO.
Dem LG ist zwar zuzustimmen, dass nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand davon auszugehen ist, dass der Klageantrag zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2) begründet sein dürfte.
Gleichwohl bietet die Rechtsverteidigung der Beklagten zu 2) Aussicht auf Erfolg. Denn die Beklagte zu 2) dürfte sich mit Erfolg die Beschränkung ihrer Haftung gem. §§ 2059, 1793,
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nicht auf die Erhebung dieser Einrede beschränkt werden. Sie kann insbesondere nicht auf den "Hilfsantrag" aus dem Schriftsatz vom 13.1.2010 bzw. auf den Antrag aus dem Schriftsatz v. 25.2.2010 bezogen werden. Denn durch diese Rechtsverteidigung wird der Streitgegenstand nicht teilbar (OLG Bremen OLGZ 1989, 365). Soweit ein Erbe die Dürftigkeitseinrede erhebt, bedarf es zum einen keines besonderen Antrages (BGH NJW 1983, 2378). Die Beschränkung wird zum anderen- wie das LG zu Recht ausführt – in der Kostenentscheidung zur Hauptsache nicht relevant.
Der bedürftigen Beklagten zu 2) ist es aber prozessual zu ermöglichen, sich auf die Beschränkungen der Haftung gem. §§ 2059, 1793, 1629a, 1990 BGB i.V.m. § 780 Abs. 1 ZPO zu berufen. Das Prozessgericht darf grundsätzlich nach freiem Ermessen entweder die behauptete Erschöpfung des Nachlasses materiell prüfen oder dem beklagten Erben auf dessen Dürftigkeitseinrede gem. § 780 Abs. 1 ZPO die Haftungsbeschränkung vorbehalten (Senat FamRZ 2010, 496). In letzterem Fall wird der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung nur auf die entsprechende Einrede des Erben in das Urteil aufgenommen (BGH NJW 1983, 2378). Für die Erhebung der Einrede besteht Anwaltspflicht (BGH NJW 1992, 2694). Macht der Rechtsanwalt die Einrede nicht geltend, wird er schadensersatzpflichtig (BGH a.a.O.). Die Möglichkeit, die Dürftigkeitseinrede zu erheben und die Beschränkung im Vollstreckungsverfahren erfolgreich geltend zu machen, setzt nach allem die Beauftragung eines Rechtsanwaltes, der vergütet sein will, bereits im Erkenntnisverfahren voraus, § 780 Abs. 1 ZPO.
Da der Streitgegenstand wie bereits ausgeführt insoweit nicht geteilt werden kann und die Beschränkung auf die Erhebung der Einrede gerade nicht zu einer Senkung des Streitwertes führt (OLG Bremen OLGZ 1989, 365), kann auch Prozesskostenhilfe nicht nur teilweise bewilligt werden. Nach allem ist der Beklagten zu 2) uneingeschränkt Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Mitgeteilt von VRiOLG Joachim Ziemßen, Düsseldorf
2 Anmerkung
Der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung erfasst grundsätzlich nur die Hauptsache, nicht auch die Kostenentscheidung. Die Kostenentscheidung kann nur unter den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung gestellt werden, wenn ein Rechtsstreit des Erblassers aufgenommen wird. Aber auch lässt die Rspr. die beschränkte Erbenhaftung zum Teil nur für diejenigen Kosten greifen, die bereits vor dem Erbfall ausgelöst worden sind. Kosten, die der Erbe in dem wieder aufgenommenen Prozess verursacht hat, sollen nicht unter das Privileg fallen.
Will der beklagte Erbe der Kostenlast entgehen, muss er vorgerichtlich die Forderung anerkennen und sich auf die Dürftigkeit des Nachlasses berufen. Wird dann Klage erhoben, kann der beklagte Erbe Kosten befreiend anerkennen (§ 93 ZPO).
Norbert Schneider