VwGO §§ 56 Abs. 1, 67 Abs. 5, Abs. 6 S. 5, 151, 166 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 6; ZPO §§ 120a, 124 Abs. 1 Nr. 2 u. Nr. 3; PartGG § 2; BGB §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2
Leitsatz
- Die Bekanntgabe einer Entscheidung nach § 166 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 120a und 124 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 ZPO hat gem. § 67 Abs. 6 S. 5 VwGO an den Bevollmächtigten zu erfolgen, wenn ein solcher bestellt ist. Dabei ist grundsätzlich von einer fortdauernden Bestellung eines Prozessbevollmächtigten auszugehen, da das Prozesskostenhilfeverfahren nicht nur das Verfahren bis zur Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfebewilligung, sondern auch das sich anschließende Verfahren zur Überprüfung der Prozesskostenhilfebewilligung gem. §§ 120a, 124 ZPO umfasst (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 8.12.2010 – XII ZB 151/10).
- Im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann auch eine Partnerschaftsgesellschaft (mit beschränkter Berufshaftung) beigeordnet werden (vgl. BGH, Beschl. v. 17.9.2008 – IV ZR 343/07).
VG Mainz, Beschl. v. 28.5.2018 – 1 K 808/14.MZ
1 Sachverhalt
Das VG hatte der Klägerin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zur Durchführung des Verfahrens erster Instanz bewilligt und ihr die "Kanzlei Rechtsanwälte A und B" beigeordnet. Die Kanzlei war ausweislich des während des Hauptsacheverfahrens verwendeten Briefpapiers als Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (D & A Rechtsanwälte PartGmbB) organisiert. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die der Rechtsanwältin B aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren (§ 49 RVG) und Auslagen auf 818,13 EUR fest und ordnete die Auszahlung an.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 9.11.2017 wurde die "Rechtsanwaltskanzlei D & A Rechtsanwälte PartGmbB" zwecks Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin unter Berufung auf § 166 VwGO i.V.m. § 120a ZPO aufgefordert, das beigefügte Prozesskostenhilfe-Formblatt von der Klägerin ausfüllen und entsprechende Nachweise beifügen zu lassen. Für die Übersendung des ausgefüllten Formblatts nebst Nachweisen wurde eine Frist von einem Monat gesetzt. Mit gerichtlichem Schreiben v. 12.12.2017 wurde der vorbezeichneten Rechtsanwaltskanzlei mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gänzlich aufzuheben, da die Klägerin die geforderte Auskunft nicht erteilt habe. Gleichzeitig wurde zur Vorlage des ausgefüllten Formblatts nebst entsprechender Nachweise eine letzte Frist von zwei Wochen eingeräumt. Ein inhaltsgleiches Schreiben erging am 12.1.2018 an die Klägerin persönlich; die Zustellung erfolgte ausweislich der vorliegenden Zustellungsurkunde am 16.1.2018.
Mit Beschl. v. 6.2.2018 hob die Urkundsbeamtin die bewilligte Prozesskostenhilfe unter Berufung auf § 173 VwGO i.V.m. § 124 Nr. 2 ZPO auf und verfügte die Zustellung des Beschlusses an die Klägerin selbst sowie die vorbezeichnete Rechtsanwaltskanzlei. Die Zustellung an die Klägerin erfolgte ausweislich der vorliegenden Postzustellungsurkunde am 19.2.2018. Nachdem die Rechtsanwaltskanzlei an die Zurücksendung des Empfangsbekenntnisses erinnert worden war, ging am 28.3.2018 das auf den 20.2.2018 datierte Empfangsbekenntnis ein. Mit Schreiben vom 28.3.2018 teilte Rechtsanwalt A zudem mit, die beigeordnete Rechtsanwältin B sei bereits seit Oktober 2016 nicht für die Kanzlei tätig; nach den vorliegenden Informationen habe sie mittlerweile auch ihre anwaltliche Zulassung zurückgegeben. Darüber hinaus habe auch die Partnerschaftsgesellschaft zum 1.1.2017 umfirmiert und am 1.7.2017 ihren Sitz verlegt. Insofern sehe sich die Kanzlei nicht als den richtigen Adressaten der Korrespondenz an.
Am 4.5.2018 ging eine von der Klägerin unterzeichnete und auf den 4.2.2018 datierte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein. Die Urkundsbeamtin wertete die Erklärung als Beschwerde gegen den Beschl. v. 6.2.2018. Mit Beschl. v. 6.2.2018 entschied sie über die Nichtabhilfe und legte die Sache der Kammer zur Entscheidung vor.
2 Aus den Gründen
Die am 4.5.2018 eingegangene Erklärung der Klägerin über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist nicht als Beschwerde gegen den Beschluss der Urkundsbeamtin vom 6.2.2018, sondern als diesbezüglichen Antrag auf Entscheidung des Gerichts (sogenannte Erinnerung, vgl. § 151 VwGO) auszulegen (§ 88 VwGO analog). Dies folgt aus § 166 Abs. 6 VwGO, wonach u.a. gegen die Entscheidung der Urkundsbeamtin über die Aufhebung der Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 3 VwGO i.V.m. den §§ 120a u. 124 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 ZPO die Entscheidung des Gerichts beantragt werden kann.
Über den Antrag hat hier die funktionell zuständige Kammer zu entscheiden, weil auch die Bewilligung der Prozesskostenhilfe im Beschl. v. 24.6.2015 in entsprechender Besetzung erfolgt ist (vgl. zur Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss nach den §§ 165, 151 S. 1 VwGO: BayVGH, Beschl. v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845, juris Rn 9 ff. m.w.N.; VG Düsseldorf, Beschl. v. 17.3.2014 – 17 K 6189/06, juris Rn 2).
Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts hat k...