StPO § 397a Abs. 2, 3; RVG §§ 48 Abs. 6 S. 1, 55
Leitsatz
- Der Nebenklagevertreter hat keinen Anspruch auf Festsetzung und Erstattung seiner Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse nach § 55 RVG, soweit diese vor Beantragung der Prozesskostenhilfe nach § 397a Abs. 2 StPO entstanden beziehungsweise angefallen sind.
- § 48 Abs. 6 S. 1 RVG ist für einen Rechtsanwalt, der als Nebenklagevertreter unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinzugezogen wird, nicht anwendbar (entgegen: OLG Koblenz, Beschl. v. 14.6.2007 – 2 Ws 300/07 [= AGS 2007, 507]).
- Bereits die Auslegung des Wortlautes der für die vorliegende rechtliche Konstellation geltenden Vorschriften des § 397a Abs. 2 und 3 StPO sowie der Prozesskostenhilfe (§§ 114 bis 127 ZPO) spricht gegen eine Anwendbarkeit des § 48 Abs. 6 S. 1 RVG.
OLG Celle, Beschl. v. 13.11.2018 – 2 Ws 426/18
1 Sachverhalt
In dem Strafverfahren vor dem AG ist mit Beschl. v. 19.6.2017 die Nebenklage zugelassen worden. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und in der Hauptverhandlung als Vertreter des Nebenklägers aufgetreten. Die Hauptverhandlung erstreckte sich über 14 Termine im Zeitraum vom 23.8.2017 bis zum 26.2.2018. Bei Gericht eingehend am 7.12.2017 beantragte der Nebenkläger mit Schreiben vom 6.12.2017 für die Hinzuziehung seines Rechtsanwalts Prozesskostenhilfe nach § 397a Abs. 2 StPO. Diesen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe hat das AG durch Beschluss in dem Hauptverhandlungstermin vom 8.12.2017 ohne Ratenzahlung bewilligt.
Mit seinem Schreiben vom 22.5.2018 beantragt der Nebenklagevertreter die Festsetzung und Erstattung im Einzelnen dargelegter Gebühren und Kosten. Diese umfassen auch den Zeitraum vor der Antragstellung nach § 397a Abs. 2 StPO.
Abweichend von diesem Antrag hat die Kostenbeamtin des AG in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.6.2018 die beantragte Erstattung um den Betrag von 1.822,84 EUR gekürzt unter Hinweis darauf, dass eine Rückwirkung der Prozesskostenhilfe auf einen Zeitpunkt vor der Antragstellung ausgeschlossen sei.
Im Einzelnen wurden folgende geltend gemachte Gebühren und Kosten abgesetzt:
Gebühr |
Nr. VV RVG |
Betrag in EUR |
Grundgebühr |
4100 |
160,00 |
Verfahrensgebühr |
4104 |
132,00 |
5 Termingebühren zu je 220,00 EUR (HVT vom 23.8.2017, 13.9.2017, 20.10.2017, 10.11.2017 und 24.11.2017) |
4108 |
1.100,00 |
Postauslagenpauschale |
7002 |
20,00 |
(Ermittlungsverfahren) |
|
|
Kopierkosten bis 5.12.2017 |
7000 |
119,80 |
anteilige Umsatzsteuer |
7008 |
291,04 |
Summe |
|
1.822,84 |
Mit seiner Erinnerung vom 10.7.2018 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss verfolgt der Nebenklagevertreter seinen Antrag auf Kostenfestsetzung in voller Höhe weiter und verweist hierzu auf die Bestimmung des § 48 Abs. 6 S. 1 RVG. Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und den Vorgang zur Stellungnahme der Bezirksrevisorin vorgelegt. Die Bezirksrevisorin hat mit ausführlicher Begründung vom 1.8.2018 sowie ergänzend vom 10.8.2018 bei dem AG den Antrag gestellt, die Erinnerung zurückzuweisen. Mit Beschl. v. 20.8.2018 hat das AG die durch die Kostenbeamtin abgesetzten Beträge dem Nebenklagevertreter zugesprochen und die zu erstattende Vergütung dem Antrag des Nebenklagevertreters entsprechend festgesetzt.
Hiergegen hat sich die Bezirksrevisorin mit ihrer Beschwerde vom 30.8.2018 gewandt und beantragt, den Beschluss des AG v. 20.8.2018 aufzuheben. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Mit dem Beschluss der Beschwerdekammer des LG ist der Beschluss des AG aufgehoben und damit schlüssig der geltend gemachte weitergehende Anspruch des Nebenklagevertreters zurückgewiesen worden. Zugleich hat das LG die weitere Beschwerde gegen seinen Beschluss nach § 33 Abs. 6 RVG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen.
Am 5.10.2018 hat der Nebenklagevertreter (weitere) Beschwerde eingelegt, der durch die Beschwerdekammer nicht abgeholfen worden ist.
2 Aus den Gründen
Dem zulässigen Rechtmittel bleibt der Erfolg versagt.
1. Die weitere Beschwerde ist nach §§ 33 Abs. 6 S. 1, 56 Abs. 2 S. 1 RVG statthaft.
Das nach §§ 33 Abs. 3 S. 3, Abs. 6 S. 4, 56 Abs. 2 S. 1 RVG befristete Rechtsmittel (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 23. Aufl., 2017, § 33 Rn 19) ist rechtzeitig eingelegt worden. Dem Kostenband ist zwar eine förmliche Zustellung des Beschlusses des LG v. 19.9.2018 an den Nebenklagevertreter nicht zu entnehmen. Da die Absendung des Beschlusses jedoch laut Vermerk der Geschäftsstelle am 2.10.2018 erfolgt und das Rechtsmittel bereits am 5.10.2018 eingegangen ist, ist die gesetzliche Frist von zwei Wochen offenkundig gewahrt.
Soweit § 33 Abs. 6 S. 2 RVG die Zulässigkeit der Einlegung einer weiteren Beschwerde davon abhängig macht, dass das Rechtsmittel auf eine Rechtsverletzung i.S.d. §§ 546, 547 ZPO gestützt wird, hat der Nebenklagevertreter hierzu bereits mit seinen Schriftsätzen vom 10.7.2018 und 18.9.2018 zureichend Vortrag gehalten. In Auslegung des Rechtsmittels geht der Senat daher davon aus, dass der Rechtsmittelführer auf diesen Vortrag konkludent Bezug nimmt.
2. Das Rechtsmittel erwe...