GKG § 29 Nr. 1
Leitsatz
Wird eine einstweilige Verfügung mit einer Kostenentscheidung gegen den Antragsgegner erlassen, so kann dieser als Kostenschuldner von Gerichtskosten (Entscheidungsschuldner i.S.v. § 29 Nr. 1 GKG) erst dann in Anspruch genommen werden, wenn die einstweilige Verfügung mit der Kostenentscheidung an ihn zugestellt worden ist.
AG Bad Segeberg, Beschl. v. 10.12.2018 – 17 C 285/18
1 Sachverhalt
Die Antragsteller hat den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Das Gericht hat dem Antrag teilweise stattgegeben und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben. Bei Zustellung des Beschlusses an die Antragstellerin ist diese darauf hingewiesen worden, dass ihr selbst die Zustellung an den Antragsgegner obliegt. Auf mehrfache Nachfragen des Gerichts hat die Antragstellerin dem Gericht keinen Zustellnachweis erbracht. Auf Anfrage der Kostenbeamtin des Gerichts hat der Bezirksrevisor mitgeteilt, dass die Kostenrechnung auch ohne Zustellnachweis gegen den Antragsgegner gestellt werden könne. Sodann hat die Kostenbeamtin die Kostenrechnung erteilt und diese den Parteien übersandt. Die Kostenrechnung hat eine Haftung des Antragsgegners über 39,75 EUR ausgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Erinnerung. Das Gericht hat dem Bezirksrevisor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und unter Bezugnahme auf die Kommentierung von Volpert, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht 2. Aufl., 2017, § 29 GKG, Rn 8, darauf hingewiesen, dass in Aussicht genommen werde, die Kostenrechnung aufzuheben.
Der Bezirksrevisor hat hierauf mitgeteilt, dass die Auffassung geteilt werde.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist nach § 66 Abs. 1 S. 1 GKG statthaft und auch i.Ü. zulässig.
Die Erinnerung ist begründet.
Der Antragsgegner ist kein Kostenschuldner geworden.
Nach § 29 Nr. 1 GKG schuldet Gerichtskosten, wem durch gerichtliche Entscheidung die Kosten des Verfahrens auferlegt sind. Die Regelung stellt für die Kostenschuldnerschaft dem Wortlaut nach zwar allein auf die Auferlegung der Kosten des Verfahrens in einer gerichtlichen Entscheidung ab. Damit kann aber unter Berücksichtigung allgemeiner verfahrensrechtlicher Grundsätze nur eine Entscheidung gemeint sein, die derjenigen Partei gegenüber wirksam geworden ist, der die Kosten auferlegt worden sind (KG NJW-RR 2000, 1239). Daran fehlt es, solange die Entscheidung dieser Partei weder vom Gericht noch, wie bei der im Beschlusswege erlassenen einstweiligen Verfügung erforderlich (§§ 936, 922 Abs. 2 ZPO), im Parteibetrieb zugestellt worden ist (KG NJW-RR 2000, 1239; Volpert, in: Schneider/Wolf/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., 2017, § 29 GKG, Rn 6–8; Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl., 2019, § 29 GKG, Rn 3 f.; vgl. entsprechend auch: BFH BeckRS 2003, 25002005; strenger: OLG Koblenz NJW-RR 2000, 732 [= AGS 2000, 57]: Zustellung der einstweiligen Verfügung innerhalb der in § 929 Abs. 3 ZPO geregelten Vollziehungsfrist; a.A. AG Neuruppin AGS 2011, 556: Vollstreckbarkeit von Gerichtskosten nach der JBeitrO hängt nicht von der Zustellung vollstreckbarer Entscheidungen ab).
Auch bei gerichtlichen Beschlüssen ist zwischen Existent- und Wirksamwerden zu unterscheiden (KG NJW-RR 2000, 1239). Existent geworden ist ein Beschluss, wenn er den inneren Bereich des Gerichts verlassen, sich das Gericht also des Beschlusses entäußert hat (KG NJW-RR 2000, 1239). Mit dem Wirksamwerden des Beschlusses treten dagegen seine bestimmungsgemäßen Rechtsfolgen ein (KG NJW-RR 2000, 1239). Es mag gegebenenfalls sein, dass ein Beschluss über die bloße Existenz hinaus im Sprachgebrauch schon als wirksam geworden bezeichnet werden kann, wenn er nur einer der mehreren Parteien mitgeteilt worden ist (KG NJW-RR 2000, 1239). Maßgebend für das Wirksamwerden des Beschlusses, hier der einstweiligen Verfügung, i.S.d. Beachtlichkeit der angeordneten Rechtsfolgen zur Hauptsache und zum Kostenausspruch kann jedoch nur die Mitteilung an die von den angeordneten Rechtsfolgen betroffene Partei sein (KG NJW-RR 2000, 1239).
Daran gemessen ist der Antragsgegner kein Kostenschuldner geworden. Ihm ist die Kostengrundentscheidung weder durch das Gericht noch durch die Antragstellerin zugestellt worden. Insofern verbleibt es bei der Antragstellerhaftung der Antragstellerin nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 GKG.
Die Beschwerde wird nach § 66 Abs. 2 S. 2 GKG zugelassen.
AGS 1/2019, S. 18 - 19