RVG VV Nr. 3309; ZPO §§ 802b, 802l
Leitsatz
Eine Verfahrensgebühr für den Auftrag zur Einholung von Drittauskünften entsteht jedenfalls dann nicht, wenn es im Rahmen der Vermögensauskunft zu einer gütlichen Erledigung kommt und die Vermögensauskunft aus diesem Grund nicht mehr abzugeben ist.
AG Ratingen, Beschl. v. 30.11.2018 – 31 M 1010/18
1 Sachverhalt
Die Gläubigerin hatte die Gerichtsvollzieherin am 16.8.2017 mit der Zwangsvollstreckung inklusive der für den Auftrag angefallenen Kosten und Zinsen beauftragt. Die beizutreibende Forderung belief sich auf 8.287,36 EUR.
Am 4.9.2017 stellte der Gläubigervertreter den Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO. Für den Fall der Nichtabgabe der Vermögensauskunft durch die Schuldner wurde ein Antrag auf Einholung von Drittauskünften gem. § 802I ZPO gestellt.
Die Schuldner erschienen zum Vermögensauskunft-Termin und boten die Vollzahlung des Betrages i.H.v. 7.535,25 EUR innerhalb weniger Tage an. Der Termin zur Vermögensauskunft wurde daraufhin aufgehoben.
Die Schuldner zahlten sodann einen Betrag i.H.v. 7.535,25 EUR.
Die Gläubigerin forderte daraufhin die Obergerichtsvollzieherin unter Beifügung einer Forderungsaufstellung auf, den Restbetrag noch beizutreiben.
Die Obergerichtsvollzieherin wies darauf hin, dass die Gebühr für die Einholung von Drittauskünften nicht angefallen sei, da die Zahlung vor dem Eintritt der Bedingung, also der Nichtabgabe der Vermögensauskunft erfolgte.
Die Schuldner zahlten im Anschluss den Restbetrag, allerdings ohne die Kosten für die Drittauskünfte i.H.v. 373,18 EUR. Die Obergerichtsvollzieherin weigerte sich, auch diesen Betrag beizutreiben, da die Vergütung nicht entstanden sei.
Hiergegen wendet sich die Gläubigerin mit ihrer Erinnerung.
2 Aus den Gründen
Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
Die Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Einholung von Drittauskünften nach §§ 892a Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 802I ZPO löst keine gesonderte Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV aus, da dieser Auftrag gebührenrechtlich keine besondere eigenständige Vollstreckungsmaßnahme darstellt (LG Itzehoe, Beschl. v. 14.5.2018 – 4 T 78/18), denn die Einholung der Drittauskünfte stellt lediglich eine Fortsetzung des Verfahrens zur Abgabe der Vermögensauskunft dar, zumal Drittauskünfte von Gesetzes wegen nur dann eingeholt werden dürften, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen oder bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist. Damit handelt es sich zwar um verschiedene Vollstreckungshandlungen, aber nur um eine Vollstreckungsmaßnahme i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, denn beide Auskünfte dienten der Informationsbeschaffung und damit dem gleichen Ziel und stehen vollstreckungs- wie auch gebührenrechtlich in einem unlösbaren inneren Zusammenhang (vgl. LG Memmingen DGVZ 2018, 18.)
Selbst wenn man mit der Auffassung des Erinnerungsführers annimmt, dass durch die Beauftragung zur Einholung von Drittauskünften eine gesonderte Vollstreckungsgebühr für den Rechtsanwalt anfällt, so entsteht die Gebühr erst, wenn es dazu wirklich kommt. Denn die beantragte Vollstreckungsmaßnahme nach § 802l ZPO ist durch die vorangehende Abnahme bzw. frühere Abgabe der Vermögensauskunft und der Feststellung der fehlenden Befriedigungsmöglichkeit mit den im Vermögensverzeichnis angegebenen Werten bedingt (LG Frankfurt, Beschl. v. 25.5.2016 – 2–9 T 20/16). Die Gebühr kann bei einem bedingten Antrag erst dann angesetzt werden, wenn die weitere Vollstreckungsmaßnahme auch tatsächlich zur Ausführung kommt, was vorliegend nicht der Fall war.
3 Anmerkung
I.
Zum Anfall einer gesonderten Gebühr für das Einholen von Drittauskünften ist die Entscheidung des AG Ratingen durch die Entscheidung des BGH v. 20.9.2018 (I ZB 120/17, in diesem Heft S. 12) überholt, die allerdings zum Zeitpunkt der Entscheidung des AG Ratingen noch nicht veröffentlicht war. Danach ist der Antrag des Gläubigers auf Einholung von Drittauskünften gem. § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 3, § 802l ZPO eine besondere Angelegenheit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, für die dem Rechtsanwalt eine 0,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309 VV zusteht.
2.
a)
Allerdings ergibt sich aus den Entscheidungsgründen eine für die Vergütung des Rechtsanwalts in der Zwangsvollstreckung interessante, aber an sich auch selbstverständliche Folge.
Bei kombinierten Aufträgen in der Zwangsvollstreckung ist danach immer festzustellen, ob Aufträge bedingt gestellt werden bzw. ob Eventualaufträge vorliegen. Ist das der Fall, kann die Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV für eine neue gebührenrechtliche Angelegenheit erst verdient werden, wenn die jeweilige Bedingung eingetreten ist.
In dem der Entscheidung des AG Ratingen zugrunde liegenden Fall hatte der Gläubigervertreter die Abnahme der Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO beantragt und für den Fall der Nichtabgabe der Vermögensauskunft einen Antrag auf Einholung von Drittauskünften gem. § 802I ZPO gestellt. Die Bedingung für die Ei...