a) Neue Angelegenheit
Ergeben die von den Dritten gem. § 802l ZPO erteilten Auskünfte weitere Vollstreckungsmöglichkeiten und wird deshalb vom Anwalt insoweit eine Vollstreckungsmaßnahme beantragt, entsteht gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG eine neue gebührenrechtliche Angelegenheit und eine neue Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV. Es handelt sich um eine neue Vollstreckungsmaßnahme mit einem anderen Befriedigungsziel. Die Drittauskunft dient der Auskunftseinholung bei einem Dritten, der aufgrund der Auskunft erteilte Vollstreckungsauftrag dient einem anderen Ziel.
Beispiel 1
Der Rechtsanwalt hat wegen einer Vollstreckungsforderung über 5.050 EUR die Vermögensauskunft des Schuldners und anschließend eine Drittauskunft bei dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung des Schuldners eingeholt, aus der sich der Arbeitgeber des Schuldners ergibt. Deshalb wird vom Anwalt hinsichtlich des Arbeitseinkommens des Schuldners ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt.
Die beiden Auskunftsverfahren einerseits und der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss andererseits bilden gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG drei verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten, sodass eine Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV nach einem Wert von 2.000,00 EUR und zwei Verfahrensgebühren nach Nr. 3309 VV nach einem Wert von 5.050,00 EUR anfallen.
Beispiel 2
Der Rechtsanwalt hat wegen einer Vollstreckungsforderung über 5.050 EUR die Vermögensauskunft des Schuldners und anschließend Drittauskünfte bei dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung des Schuldners sowie beim Kraftfahrtbundesamt eingeholt. Deshalb wird vom Anwalt hinsichtlich des Arbeitseinkommens des Schuldners ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt. Weil sich aus der Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes ergibt, dass der Schuldner Eigentümer eines bislang nicht bekannten Pkw ist, beantragt der Rechtsanwalt beim Gerichtsvollzieher dessen Pfändung.
Die beiden Auskunftsverfahren gem. §§ 802c, 802l ZPO, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sowie der Mobiliarvollstreckungsauftrag bilden gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG vier verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten, sodass eine Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV nach einem Wert von 2.000,00 EUR für die Abnahme der Vermögensauskunft und drei Verfahrensgebühren nach Nr. 3309 VV nach einem Wert von 5.050,00 EUR anfallen.
b) Andere Auffassung – keine neue gebührenrechtliche Angelegenheit
Nach der Gegenauffassung bildet ein sich aus einer Drittauskunft gem. § 802l ZPO ergebender weiterer Vollstreckungsauftrag mit dem Auftrag auf Einholung der Drittauskünfte dieselbe Angelegenheit und löst keine neue Gebühr aus, weil die Drittauskunft die weitere Maßnahme vorbereitet hat.
Beispiel 3
Der Rechtsanwalt hat wegen einer Vollstreckungsforderung über 5.050 EUR die Vermögensauskunft des Schuldners und anschließend eine Drittauskunft bei dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung des Schuldners eingeholt, aus der sich der Arbeitgeber des Schuldners ergibt. Deshalb wird vom Anwalt hinsichtlich des Arbeitseinkommens des Schuldners ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt.
Die Verfahren auf Einholung der Vermögensauskunft sowie das anschließende Verfahren auf Einholung von Drittauskünften bilden verschiedene Angelegenheiten. Daher entstehen insoweit zwei 0,3-Verfahrensgebühren Nr. 3309 VV, und zwar eine lediglich nach einem Wert i.H.v. 2.000,00 EUR (§ 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG: Vermögensauskunft) und eine nach einem Wert i.H.v. 5.050,00 EUR (Drittauskunft).
Das anschließende Verfahren auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bildet nach der o.g. Gegenauffassung mit dem Verfahren auf Einholung der Drittauskunft dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit, sodass für den Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hier keine neue Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV anfällt. Denn die Drittauskunft habe die anschließende Vollstreckungsmaßnahme vorbereitet, sodass die Drittauskunft und die anschließende Vollstreckungsmaßnahme dieselbe Angelegenheit bilden.
Beispiel 4
Der Rechtsanwalt hat wegen einer Vollstreckungsforderung über 5.050,00 EUR die Vermögensauskunft des Schuldners und anschließend Drittauskünfte bei dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung des Schuldners sowie beim Kraftfahrtbundesamt eingeholt. Die beiden Drittauskünfte verlaufen negativ. Anschließend wird auf Antrag des Anwalts ein Bankkonto des Schuldners durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gepfändet.
Nur wenn alle eingeholten Drittauskünfte negativ verlaufen, können nach dieser Auffassung mit diesen Drittauskünften nicht im Zusammenhang stehende Vollstreckungsmaßnahmen (hier: Bankkonto) eine neue Gebühr Nr. 3309 VV auslösen.
Diese Auffassung erscheint allerdings schon wenig praktikabel. Das Vollstreckungsorgan bzw. das Vollstreckungsgericht müsste hierfür bei Überprüfung der Vollstreckungskosten anlässlich einer beantragten Vollstreckungsmaßnahme nämlich wissen, ob und mit welchem Ergebnis zuvor Drittauskünfte eingeholt worden sind.
Außerdem bleibt unklar, warum bei der Vermögensauskunft des Schuldners gem. § 802c ZPO und den sich aus dem Vermögen...