Der unterlegene Gegner hat der obsiegenden Partei die notwendigen Kosten zu erstatten (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO). Hierzu bestimmt § 91 Abs. 3 ZPO, dass zu den Kosten des Rechtsstreits auch die Gebühren zählen, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist. Zu dieser Regelung ist bestritten, ob sie lediglich die Gebühren der Gütestelle oder auch die Anwaltsgebühren umfasst, wenn bereits für die außergerichtliche Tätigkeit vor dieser Gütestelle ein Anwalt beauftragt wird.
Der BGH hat hierzu nunmehr entschieden, dass die Kosten der anwaltlichen Vertretung in einem freiwilligen Güteverfahren im nachfolgenden Rechtsstreit nicht gem. § 91 Abs. 3 ZPO erstattungsfähig sind. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass in der Vorschrift auf § 91 Abs. 2 ZPO verwiesen werde, der die Erstattung einer anwaltlichen Vergütung regelt. Zudem handelt es sich bei diesen Kosten nach Auffassung des BGH auch nicht um Vorbereitungskosten nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Zu beachten ist, dass die Entscheidung des BGH nur die Kosten der anwaltlichen Vertretung in einem freiwilligen Güteverfahren betraf, nicht aber die Kosten bei anwaltlicher Vertretung in einem obligatorischen Güteverfahren. Hierfür regelt § 15a Abs. 4 EGZPO gleichfalls, dass nur die Gebühren der Gütestelle vom unterlegenen Gegner zu erstatten sind. Es ist aber hierzu anerkannt, dass die Anwaltskosten als Vorbereitungskosten nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu erstatten sind. Insoweit liegt ein wesentlicher Unterschied zu einem freiwilligen Güteverfahren vor.
Beispiel 1
Wegen einer Nachbarschaftsstreitigkeit wird zunächst ein obligatorischer Einigungsversuch vor einer Gütestelle unternommen. Hierfür wird von der Gütestelle eine Gebühr von 50,00 EUR erhoben. Da der Einigungsversuch scheitert, wird Klage vor dem AG erhoben. Das Gericht gibt der Klage nach mündlicher Verhandlung statt. Die Kosten werden dem Beklagten auferlegt. Der Wert beträgt 3.500,00 EUR.
Der obsiegende Kläger kann vom unterlegenen Gegner erstattet verlangen:
I. Verfahren vor der Gütestelle |
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1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2303 VV |
378,00 EUR |
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(Wert: 3.500,00 EUR) |
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2. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
75,62 EUR |
4. |
Gebühr der Einigungsstelle |
50,00 EUR |
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Gesamt |
523,62 EUR |
II. Gerichtliches Verfahren |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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327,60 EUR |
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(Wert: 3.500,00 EUR) |
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2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen |
– 189,00 EUR |
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3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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302,40 EUR |
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(Wert: 3.500,00 EUR) |
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4. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
5. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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87,59 EUR |
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Gesamt |
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548,59 EUR |
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Gesamt I. + II. |
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1.072,21 EUR |
Da es sich um einen obligatorischen Einigungsversuch vor einer Gütestelle nach § 15a Abs. 1 EGZPO handelt, sind neben der Gebühr der Gütestelle (§ 15a Abs. 4 EGZPO) auch die dortigen Anwaltskosten zu erstatten, und zwar als Vorbereitungskosten nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Dabei ist die Anrechnungsvorschrift der Vorbem. 3 Abs. 4 VV zu beachten.
Beispiel 2
Wegen einer Streitigkeit wird zunächst ein freiwilliger Einigungsversuch vor einer Gütestelle unternommen. Hierfür wird von der Gütestelle eine Gebühr von 50,00 EUR erhoben. Da der Einigungsversuch scheitert, wird Klage vor dem AG erhoben. Das Gericht gibt der Klage nach mündlicher Verhandlung statt. Die Kosten werden dem Beklagten auferlegt. Der Wert beträgt 3.500,00 EUR.
Der obsiegende Kläger kann vom unterlegenen Gegner erstattet verlangen:
I. Verfahren vor der Gütestelle |
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1. |
Gebühr der Einigungsstelle |
50,00 EUR |
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Gesamt |
50,00 EUR |
II. Gerichtliches Verfahren |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
327,60 EUR |
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(Wert: 3.500,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
302,40 EUR |
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(Wert: 3.500,00 EUR) |
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3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
123,50 EUR |
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Gesamt |
773,50 EUR |
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Gesamt I. + II. |
823,50 EUR |
Da es sich nicht um einen obligatorischen Einigungsversuch vor einer Gütestelle nach § 15a Abs. 1 EGZPO handelt, sondern um einen freiwilligen Einigungsversuch, ist lediglich die Gebühr der Einigungsstelle zu erstatten (§ 91 Abs. 3 ZPO), jedoch keine Kosten für die anwaltliche Vertretung in dem Verfahren vor der Gütestelle.