5.1 Hemmung der Verjährung eines Antrags auf Festsetzung einer Pauschgebühr
Das OLG Braunschweig hat zu der in Straf- und Bußgeldsachen zulässigen Pauschgebühr nach § 51 RVG entschieden, dass die Verjährung eines Antrags auf Festsetzung einer Pauschgebühr durch den Eingang des Antrags bei einem unzuständigen Gericht nicht gehemmt wird. Eine Hemmung könne nur eintreten, wenn der Antrag bei dem nach § 51 Abs. 2 S. 1 RVG für die Entscheidung zuständigen OLG eingehe.
Zugleich hat das OLG Braunschweig ältere Rspr. bestätigt, wonach der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr gem. § 195 BGB in drei Jahren verjährt. Dabei beginnt die Verjährungsfrist wegen § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, sodass die Fälligkeit der Pauschgebühr eingetreten sein muss. Die Fälligkeit wiederum tritt mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens ein.
Zu beachten ist, dass auch ein für die Pauschgebühr bewilligter Vorschuss keinen Anspruch auf eine spätere Bewilligung einer solchen Gebühr verschafft. Ein der Landeskasse eventuell zustehender Rückzahlungsanspruch entsteht i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB zudem erst mit der Versagung der Pauschvergütung.
5.2 Anwaltliche Vertretung mehrerer Adhäsionskläger
Vertritt der Anwalt den Mandaten in einem Adhäsionsverfahren in einer Strafsache, handelt es sich um eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit. Für das Adhäsionsverfahren entstehen folglich gesonderte Gebühren, wobei im erstinstanzlichen Verfahren eine 2,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV und im Berufungs- und Revisionsverfahren eine 2,5 Verfahrensgebühr nach Nr. 4144 VV entsteht. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach dem geltend gemachten Schadensersatz oder Schmerzensgeld.
Hat der Anwalt in dem Adhäsionsverfahren mehrere Auftraggeber zu vertreten, so ist hinsichtlich der Gebührenhöhe danach zu unterscheiden, ob die verschiedenen Adhäsionsklägern an den geltend gemachten Ansprüche gemeinschaftlich vertreten sind, weil sich die Gebühren der Nrn. 4143, 4144 VV dann nach Nr. 1008 VV für jeden weiteren Auftraggeber erhöhen.
Keine Anwendung findet Nr. 1008 VV hingegen dann, wenn durch die Adhäsionskläger jedoch jeweils eigenständige Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht werden, wovon bei solchen von mehreren Nebenklägern geltend gemachten Ansprüchen regelmäßig auszugehen ist. Das OLG Karlsruhe hat hierzu jüngst entscheiden, dass nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit vorliegt, wenn der Rechtsanwalt im Strafverfahren mehrere Adhäsionskläger vertritt. Die Verfahrensgebühr entsteht folglich nur einmal, jedoch berechnet sie sich nach den zusammengerechneten Gegenstandswerten.
Beispiel 1
Der Anwalt vertritt zwei Nebenkläger im vorbereitenden Verfahren und in dem erstinstanzlichen Strafverfahren vor dem Amtsgericht. Diese machen zugleich einen Schadensersatzanspruch von 15.000,00 EUR geltend, der beiden gemeinschaftlich zusteht.
Der Anwalt kann für das gerichtliche Verfahren folgende Vergütung (Mittelgebühren) fordern:
I. Vorbereitendes Verfahren |
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1. |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV |
200,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4104, 1008 VV |
214,50 EUR |
3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
82,56 EUR |
|
Gesamt |
517,06 EUR |
II. Gerichtliches Verfahren |
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1. |
Verfahrensgebühr, Nrn. 4106, 1008 VV |
214,50 EUR |
2. |
Terminsgebühr, Nr. 4108 VV |
275,00 EUR |
3. |
2,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 4143, 1008 VV |
1.495,00 EUR |
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(Wert: 15.000,00 EUR) |
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4. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
5. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
380,86 EUR |
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Gesamt |
2.385,36 EUR |
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Gesamt I. + II. |
2.902,42 EUR |
In diesem Fall hat sich die Gebühr der Nr. 4143 VV tatsächlich nach Nr. 1008 VV erhöht, da der Anwalt beide Nebenkläger wegen derselben Forderung in dem Adhäsionsverfahren vertreten hat.
Beispiel 2
Der Anwalt vertritt zwei Nebenkläger im vorbereitenden Verfahren und in dem erstinstanzlichen Strafverfahren vor dem Amtsgericht. Diese machen gesonderte Schmerzensgeldansprüche von jeweils 5.000,00 EUR geltend.
Der Anwalt kann für das gerichtliche Verfahren folgende Vergütung fordern:
I. Vorbereitendes Verfahren |
|
1. |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV |
200,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nrn. 4104, 1008 VV |
214,50 EUR |
3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
82,56 EUR |
|
Gesamt |
517,06 EUR |
II. Gerichtliches Verfahren |
|
1. |
Verfahrensgebühr, Nrn. 4106, 1008 VV |
214,50 EUR |
2. |
Terminsgebühr, Nr. 4108 VV |
275,00 EUR |
3. |
2,0-Verfahrensgebühr, Nrn. 4143, 1008 VV |
1.116,00 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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4. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
5. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
308,85 EUR |
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Gesamt |
1.934,35 EUR |
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Gesamt I. + II. |
2.451,41 EUR |
Eine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV ist nicht eingetreten, da die Schmerzensgeldansprüche den Nebenklägern jeweils gesondert zustehen. Es ist jedoch für jeden Nebenkläger ein gesonderter Gegenstandswe...