EGRDG § 4 Abs. 3; RVG VV Nr. 2300; BGB § 249
Leitsatz
- Lässt nach einem Verkehrsunfall der Geschädigte seine Ansprüche durch ein nach § 10 RDG zugelassenes Unternehmen regulieren, ist die von dort in Rechnung gestellte Vergütung bis zur Höhe einer 1,3-Geschäftsgebühr nebst Auslagen erstattungsfähig.
- Dies gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer des registrierten Unternehmens zugleich Geschäftsführer des Unternehmens ist, dass das Sachverständigengutachten erstellt hat und auf dessen Basis reguliert worden ist.
AG Bielefeld, Urt. v. 28.11.2019 – 419 C 182/19
1 Sachverhalt
Nach einem Verkehrsunfall hatte die Klägerin die B GmbH mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt und hiernach die S-Inkasso GmbH mit der Durchsetzung ihrer Schadenersatzansprüche (Reparaturkosten auf Gutachtenbasis, allgemeine Kostenpauschale) beauftragt. Die S-Inkasso GmbH hat für ihre Tätigkeit eine Vergütung in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr aus dem Erledigungswert in Rechnung gestellt. Der gegnerische Versicherer hat sich geweigert, diese Kosten zu ersetzen. Er hat sich darauf berufen, dass die Kosten eines Inkassounternehmens für die Verkehrsunfallregulierung nicht erforderlich und nicht erstattungsfähig seien. Hinzu komme, dass zwischen der Sachverständigen GmbH und der Inkasso GmbH Identität des Geschäftsführers bestehe. Im Rechtsstreit hat die Beklagte darüber hinaus eingewandt, es liege ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor, da nunmehr neben dem Inkassobüro auch ein Anwalt beauftragt worden sei.
Das Gericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
2 Aus den Gründen
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat dem auftretenden Prozessbevollmächtigten schriftliche Prozessvollmacht erteilt, dies ist letztlich auch zwischen den Parteien unstreitig gestellt worden. Das Datum der Prozessvollmacht ist dabei nicht relevant, mit der ggfls. später erteilten Vollmacht hat die Klägerin u.a. auch zum Ausdruck gebracht, dass sie das bis dahin erfolgte prozessuale Handeln des Prozessbevollmächtigten genehmigt hat.
Die Klägerin kann vom Beklagten auch Bezahlung der Inkasso-Kosten verlangen – angemessene Kosten gebotener Rechtsverfolgung – welche rechnerisch sich nach dem damaligen Gegenstandswert wie bei Einschaltung eines Rechtsanwaltes ergeben. Auch diesbezüglich hat die Klägerin mit Klageerhebung mind. das Handeln des Inkasso-Unternehmens genehmigt. Zwar hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass hier Personenidentität in der Geschäftsführerstellung besteht zwischen Inkassoinstitut und Sachverständigenbüro. Dass aber Mehrkosten dadurch entstanden sind, sodass ein fühlbarer Schaden durch eine etwaige Interessen-Kollision entstanden sei, ist vorliegend nicht dargelegt. Soweit die Inkassokosten nicht die Kosten bei Einschaltung eines Rechtsanwaltes übersteigen – dies ist hier nicht der Fall –, bestehen an der Erstattungsfähigkeit keine Bedenken. Zusätzlich macht die Klägerin bislang keine außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend.
Der Klägerin steht es auch frei, sich im streitigen Verfahren von jemand anderem vertreten zu lassen. Das hätte bei Beauftragung unterschiedlicher Anwälte gegolten und gilt auch für den hiesigen Wechsel zwischen Inkassounternehmen und Anwalt. Ein schuldhafter Verstoß gegen ihre Schadensminderungsobliegenheit lässt sich daraus nicht herleiten.
AGS 1/2020, S. 50 - 51