§ 14 RVG; Nrn. 5100, 5103, 5109, 5110, 5115 VV RVG
Leitsatz
- Zur Gebührenbemessung im Bußgeldverfahren.
- Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV entsteht nicht dadurch, dass der Verteidiger durch Anträge pp. den Eintritt der absoluten Verjährung erreicht und dann das Verfahren von Amts wegen eingestellt wird.
LG Bayreuth, Beschl. v. 13.10.2020 – 3 Qs 84/20
I. Sachverhalt
Der Rechtsanwalt war Verteidiger des Betroffenen in einem straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren. Der Bußgeldbescheid sah die Festsetzung einer Geldbuße i.H.v. 160 EUR und ein Fahrverbot von einem Monat vor. Zudem wurden zwei Punkte verhängt. Der Betroffene hat gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt. Das AG bestimmte Termin zur Hauptverhandlung auf den 6.9.2018. In diesem wurde die Einholung eines Sachverständigengutachtens beschlossen. Der beauftragte Sachverständige legte sein Gutachten am 18.2.2019 vorgelegt. In der Folgezeit sind vom AG mehrere Hauptverhandlungstermine bestimmt worden. Zur Durchführung der Hauptverhandlung ist es jedoch aufgrund von Verhinderungen des Betroffenen, des Gerichts oder des Sachverständigen und Erkrankung des Betroffenen nicht mehr gekommen. Das AG hat dann schließlich das Verfahren gem. § 206a StPO – Eintritt der absoluten Verjährung – eingestellt. Die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse auferlegt.
Der Verteidiger hat Kostenerstattung beantragt und u.a. eine Grundgebühr Nr. 5100 VV i.H.v. 150 EUR, eine Verfahrensgebühr Nr. 5103 VV i.H.v. 290 EUR, eine Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV i.H.v. 240 EUR, eine Terminsgebühr Nr. 5110 VV i.H.v. 382,50 EUR und eine zusätzliche Verfahrensgebühr Nrn. 5115, 5109 VV geltend gemacht. Die Bezirksrevisorin hat den Gebührenansatz als zu hoch beanstandet und ausgeführt, dass die Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV nicht entstanden sei. Das AG hat sodann die Grundgebühr i.H.v. 100 EUR, beide Verfahrensgebühren jeweils i.H.v. jeweils 192 EUR und die Terminsgebühr i.H.v. 160 EUR festgesetzt. Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV ist nicht festgesetzt worden. Dagegen hat der Verteidiger Rechtsmittel eingelegt, das keinen Erfolg hatte.
II. Allgemeine Überlegungen
Das LG geht davon, dass unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 14 RVG festzustellen sei, dass es sich um eine einfach gelagerte Verkehrsordnungswidrigkeitssache gehandelt habe. Es sei im Wesentlichen um die Frage der Einhaltung des erforderlichen Abstands und der Fahrereigenschaft des Betroffenen gegangen, der im Verwaltungsverfahren seine Fahrereigenschaft noch eingeräumt und im gerichtlichen Verfahren diese dann bestritten habe Aufgrund der drohenden Geldbuße i.H.v. 160 EUR, der Anordnung eines Fahrverbots von einem Monat und der Verhängung von zwei Punkten im FAER sei die Bedeutung der Angelegenheit für den Betroffenen als durchschnittlich anzusehen.
III. Grundgebühr und Verfahrensgebühren Nr. 5103 VV
Die Mittelgebühr i.H.v. 100 EUR bei der Grundgebühr Nr. 5100 VV sei – so das LG – nach Maßgabe des § 14 RVG angemessen. Ebenso war, da sowohl der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als auch deren Schwierigkeit im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde als leicht überdurchschnittlich anzusehen sei, der Ansatz einer Gebührenhöhe leicht über der Mittelgebühr bei der Verfahrensgebühr Nr. 5103 VV angemessen.
IV. Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV
Auch bei der Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV geht das LG aufgrund des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit als auch deren Schwierigkeit von einem leicht überdurchschnittlichen im gerichtlichen Verfahren aus, das den Ansatz einer leicht über der Mittelgebühr liegenden Gebühr rechtfertige.
V. Terminsgebühr Nr. 5110 VV
Bei der Terminsgebühr hat das LG – wie schon das AG – nur eine knapp 30 % der Mittelgebühr liegende Gebühr als angemessen angesehen. Mit der Terminsgebühr solle vorrangig der zeitliche Aufwand vergütet werden, den ein Rechtsanwalt durch die Teilnahme an der Hauptverhandlung habe. Der Hauptverhandlungstermin habe lediglich 6 Minuten gedauert zzgl. einer Wartezeit von 5 Minuten. Aufgrund dieser geringen Terminsdauer sei die durch das AG festgesetzte Terminsgebühr angemessen.
VI. Zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV
Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV hat das LG nicht festgesetzt. Der Beschluss des AG, mit dem das Verfahren gegen den Betroffenen gem. § 206a StPO eingestellt wurde, sei ohne Mitwirkung des Verteidigers erfolgt. Zwar stehe dem Anfall der Gebühr Nr. 5115 VV nicht entgegen, dass bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hat. Es sei nämlich ist nicht auf einen ersten Hauptverhandlungstermin abzustellen, sondern darauf, dass durch die Einstellung überhaupt ein Hauptverhandlungstermin entbehrlich wird, wobei unerheblich sei, warum die Hauptverhandlung nicht zu Ende geführt wurde. Jedoch sei Voraussetzung für das Entstehen der zusätzlichen Verfahrensgebühr, dass sich durch die anwaltliche Mitwirkung das Verfahren erledige oder die Hauptverhandlung entbehrlich werde. Das sei Voraussetzung für das Entstehen der Gebühr.
Eine anwaltliche Mitwirkung i.S.v. Nr. 5115 VV setze voraus, dass der im Verfahren tätige Verteidiger die endgültige Verfahrenseinstellung zumindest gefördert haben müsse, ohne dass es allerdings eines konkreten Beitrags zur Sachau...