[Ohne Titel]
Jedes Jahr aufs Neue ändern sich die PKH-Freibeträge hinsichtlich des Einkommens im Rahmen der Prozesskostenhilfeberechtigung nach § 115 ZPO. Mit dem Inkrafttreten des Kostenrechtsänderungsgesetzes 2021 (KostRÄG 2021) zum 1.1.2021 ist nun aber neben der üblichen Anpassung an die Hartz-IV-Regelsätze eine weitere grundlegende Änderung zu beachten. Künftig gelten lokal verschiedene Freibeträge.
1. Voraussetzungen für Prozess- und Verfahrenskostenhilfe
Nach § 114 Abs. 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Über § 76 FamFG gelten dieselben Voraussetzungen auch für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse hat die Partei ihr Einkommen einzusetzen, soweit es ihr zumutbar ist, § 115 Abs. 1 ZPO. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert.
Abzusetzen sind dabei die in § 82 Abs. 2 SGB XII bezeichneten Beträge sowie weitere Freibeträge
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bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, |
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für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner sowie |
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für jede weitere Person, der die Partei aufgrund gesetzlicher Unterhaltspflicht Unterhalt leistet, in Abhängigkeit von deren Alter. |
Die Höhe ist abhängig von den Regelsätzen nach § 28 SGB XII. Die nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Buchst. b und 2 ZPO maßgebenden Beträge werden dabei nach jeder Änderung durch das BMJV im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht (Prozesskostenhilfebekanntmachung).
2. Lokal verschiedene Einkommensfreibeträge
Nach bisheriger Rechtslage richteten sich die Freibeträge nach dem jeweils höchsten Regelsatz, der nach der Anlage zu § 28 SGB XII festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist. Hatte ein Land aufgrund regionaler Besonderheiten den Regelsatz abweichend vom bundesweiten Satz gem. § 29 SGB XII höher festgesetzt – wie z.B. für München –, richteten sich daher die PKH-Freibeträge im gesamten Bundesgebiet nach diesem höheren regionalen Regelsatz. Damit profitierten alle PKH-Antragstellerinnen und -steller in ganz Deutschland von regionalen Besonderheiten und statistisch nachweisbaren Abweichungen bei den Verbrauchsausgaben.
Mit dem KostRÄG 2021 wurde § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO geändert. Mit der Neuregelung ist man einer Forderung der Bundesländer nachgekommen. Nunmehr orientieren sich die Freibeträge grds. an den vom Bund festgesetzten Regelsätzen. Damit soll ein Gleichlauf von Sozial- und Prozesskostenhilferecht hergestellt werden. Nur soweit am Wohnsitz der Partei nach § 29 Abs. 2 bis 4 SGB XII höhere Regelsätze gelten, sind diese nach § 115 Abs. 1 S. 5 ZPO heranzuziehen. In der Prozesskostenhilfebekanntmachung sind künftig alle maßgebenden Beträge enthalten.
Seit dem 1.1.2021 gelten folgende Freibeträge:
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Bund |
Landkreise Fürstenfeldbruck und Starnberg |
Landkreis München |
Landeshauptstadt München |
– bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Buchst. b ZPO) |
223 EUR |
235 EUR |
235 EUR |
234 EUR |
– für die Partei, ihren Ehegatten oder Lebenspartner (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO) |
491 EUR |
516 EUR |
517 EUR |
515 EUR |
– für jede weitere Person, der die Partei aufgrund gesetzlicher Unterhaltspflicht Unterhalt leistet, in Abhängigkeit von deren Alter (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO) |
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Erwachsene (Regelbedarfsstufe 3) |
393 EUR |
414 EUR |
414 EUR |
411 EUR |
Jugendliche vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (Regelbedarfsstufe 4) |
410 EUR |
430 EUR |
432 EUR |
429 EUR |
Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (Regelbedarfsstufe 5) |
340 EUR |
353 EUR |
359 EUR |
353 EUR |
Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres (Regelbedarfsstufe 6) |
311 EUR |
325 EUR |
328 EUR |
323 EUR |
3. Bedeutung für die Praxis
Für die allermeisten PKH-Antragstellerinnen und -antragsteller gelten somit seit dem 1.1.2021 niedrigere Freibeträge. In Verfahren, in denen bis zum 31.12.2020 Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, ändert sich nichts. Maßgeblich sind gem. § 115 Abs. 1 S. 4 ZPO die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Auf den Zeitpunkt der Antragstellung kommt es hingegen nicht an. Auswirkungen können die herabgesetzten Freibeträge somit nicht nur in allen Verfahren haben, in denen künftig ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt werden soll, sondern auch in Verfahren, in denen der Antrag bereits gestellt, aber noch nicht darüber entschieden wurde. Abgestellt wird in aller Regel nicht auf die Bewilligungsreife, sondern auf den Zeitpunkt der Entscheidung. Dies könnte dazu führen, dass in noch nicht entschiedenen PKH-Verfahren höhere Raten als zunächst vom Rechtsanwalt berechnet festgesetzt werden. Sofern nach Antragstellung ein Umzug der Partei in eine Region erfolgt ist, in der höhere Freibeträge gelten, sollte daher unbedingt an die entsprechende Mitteilung an das Gericht gedacht werden. Erfolgt ein Umzug der Par...