Der Rechtsanwalt erhält die Verfahrensgebühr "für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information". Diese Formulierung entspricht teilweise der in § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zur früheren Geschäftsgebühr. Die Gebühr entsteht mit der ersten Tätigkeit des Verteidigers im jeweiligen Verfahrensabschnitt.[4] Durch die Verfahrensgebühr wird die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts im jeweiligen Verfahrensabschnitt und jeweiligen Rechtszug, für den die Verfahrensgebühr geltend gemacht wird, abgegolten, soweit hierfür keine besonderen Gebühren vorgesehen sind.[5]

Die Tätigkeiten des Rechtsanwalts müssen sich nicht aus den Verfahrensakten ergeben. Eine Verfahrensgebühr entsteht nämlich nicht nur für nach außen erkennbares Tätigwerden des Rechtsanwalts. Insbesondere sind für das Entstehen der Gebühr nicht Tätigkeiten gegenüber dem Gericht erforderlich.[6] Die Verfahrensgebühr entsteht für jede Tätigkeit des Rechtsanwalts, die in den Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr fällt. Ausreichend ist also z.B. auch eine Tätigkeit nur gegenüber dem Mandanten, wie z.B. eine Beratung und/oder Besprechung usw.[7] Die Verfahrensgebühr fällt auch dann an, wenn der Rechtsanwalt z.B. erst im Hauptverhandlungstermin bestellt wird.[8] Allerdings sollte der Verteidiger/Rechtsanwalt, wenn sich seine Tätigkeit für den Mandanten nicht aus der Akte ergibt, bei der Gebührenfestsetzung möglichst konkret – natürlich unter Beachtung seiner Schweigepflicht – vortragen, durch welche von ihm erbrachte Tätigkeit die jeweilige Verfahrensgebühr entstanden ist.[9]

[4] Vgl. u.a. LG Köln, Beschl. v. 31.8.2021 – 106 Qs 14/21, StV-S 2021, 154 (Ls.) für die Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV; LG Wuppertal RVGreport 2020, 221 = JurBüro 2020, 357 = RVGprofessionell 2020, 57.
[5] OLG Hamm RVGreport 2009, 149 = StRR 2009, 39; OLG Koblenz AGS 2005, 158 = AnwBl 2005, 587 JurBüro 2005, 199; OLG München AGS 2014, 174 = StRR 2014, 271 = RVGprofessionell 2014, 133 = Rpfleger 2014, 445 = RVGreport 2016, 145; OLG Schleswig RVGreport 2017, 173 = Sonderausgabe StRR 5/2017, 7 für die Nrn. 4104, 4130 VV; AnwKomm-RVG/N. Schneider, 9. Aufl., 2021, VV Vorbem. 4 Rn 22 (im Folgenden kurz: AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O.); BT-Drucks 15/1971, 220.
[6] Allgemein BGH NJW 2005, 2233 = AGS 2005, 413 = RVGreport 2005, 275; NJW 2013, 312 = AGS 2013, 7 = Rpfleger 2013, 175 = JurBüro 2013, 134 = RVGreport 2013, 58 = VRR 2013, 120; OLG Naumburg JurBüro 2012, 312 = MDR 2012, 553 = RVGprofessionell 2012, 97; für die Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV KG JurBüro 2005, 531 = RVGreport 2005, 390 = Rpfleger 2005, 698; OLG Dresden, Beschl. v. 8.11.2006 – 3 Ws 80/06; OLG Düsseldorf StRR 2011, 78; OLG Karlsruhe StraFo 2007, 438 = AGS 2008, 30 = StV 2008, 373; OLG Oldenburg NJW 2010, 884 = AGS 2010, 128 = RVGreport 2010, 303 = StRR 2010, 356; OLG Koblenz StV 2008, 372; OLG Schleswig RVGreport 2017, 173 = Sonderausgabe StRR 5/2017, 7 für die Nrn. 4104, 4130 VV; LG Essen AGS 2006, 501 = RVGreport 2007, 465; LG Chemnitz, Beschl. v. 25.9.2006 – 2 Qs 59/06; VG Frankfurt/Oder, Beschl. v. 12.12.2018 – VG 5 KE 10/18; a.A. AG Koblenz AGS 2012, 234.
[7] Auch. noch LG Wuppertal RVGreport 2020, 221 = JurBüro 2020, 357.
[8] LG Wuppertal, a.a.O.
[9] S. auch Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., 2021, VV Vorbem. 4 Rn 12 (im Folgenden kurz: Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O.); s. die Fallgestaltung bei LG Wuppertal, a.a.O.

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