1. Allgemeines
a) Betreiben des Geschäfts
Der Rechtsanwalt erhält die Verfahrensgebühr "für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information". Diese Formulierung entspricht teilweise der in § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zur früheren Geschäftsgebühr. Die Gebühr entsteht mit der ersten Tätigkeit des Verteidigers im jeweiligen Verfahrensabschnitt. Durch die Verfahrensgebühr wird die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts im jeweiligen Verfahrensabschnitt und jeweiligen Rechtszug, für den die Verfahrensgebühr geltend gemacht wird, abgegolten, soweit hierfür keine besonderen Gebühren vorgesehen sind.
Die Tätigkeiten des Rechtsanwalts müssen sich nicht aus den Verfahrensakten ergeben. Eine Verfahrensgebühr entsteht nämlich nicht nur für nach außen erkennbares Tätigwerden des Rechtsanwalts. Insbesondere sind für das Entstehen der Gebühr nicht Tätigkeiten gegenüber dem Gericht erforderlich. Die Verfahrensgebühr entsteht für jede Tätigkeit des Rechtsanwalts, die in den Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr fällt. Ausreichend ist also z.B. auch eine Tätigkeit nur gegenüber dem Mandanten, wie z.B. eine Beratung und/oder Besprechung usw. Die Verfahrensgebühr fällt auch dann an, wenn der Rechtsanwalt z.B. erst im Hauptverhandlungstermin bestellt wird. Allerdings sollte der Verteidiger/Rechtsanwalt, wenn sich seine Tätigkeit für den Mandanten nicht aus der Akte ergibt, bei der Gebührenfestsetzung möglichst konkret – natürlich unter Beachtung seiner Schweigepflicht – vortragen, durch welche von ihm erbrachte Tätigkeit die jeweilige Verfahrensgebühr entstanden ist.
b) Verhältnis zur Grundgebühr
Bis zu den Änderungen in der Nr. 4100 VV durch das 2. KostRMoG im Jahr 2013 war in Rspr. und Lit. das Verhältnis von (jeweiliger) Verfahrensgebühr und Grundgebühr Nr. 4100 VV umstritten. Teilweise wurde davon ausgegangen, dass eine Verfahrensgebühr als Betriebsgebühr immer neben der Grundgebühr entsteht, wenn der Rechtsanwalt als Verteidiger tätig wird, teilweise wurde das anders gesehen und eine Verfahrensgebühr erst dann gewährt, wenn der Abgeltungsbereich der Grundgebühr verlassen war. Die Frage hat sich nach dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG i.S.d. ersten Auffassung erledigt.
2. Besondere Gebühren
a) Grundgebühr
Eine besondere Gebühr ist die in Nr. 4100 VV enthaltene Grundgebühr, durch die "die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall" abgegolten wird. Die insoweit erbrachten Tätigkeiten werden nicht von der jeweils auch anfallenden Verfahrensgebühr honoriert, sondern eben von der Grundgebühr. Die erste Information des Rechtsanwalts wird daher von der Grundgebühr erfasst/abgegolten, alle weiteren Informationen hingegen schon von der jeweiligen Verfahrensgebühr, und zwar auch dann, wenn das Gespräch, in dem die Informationen erteilt werden, in zeitlicher Nähe zu den die Grundgebühr auslösenden Tätigkeiten geführt wird. Auch ein Antrag auf Pflichtverteidigerbestellung liegt bereits au...