Nach Auffassung des LG hat die Betroffene nicht nur einen Anspruch auf Erstattung der Verfahrensgebühr bei Einziehung und verwandten Maßnahmen nach Nr. 5116 VV, sondern auch auf Erstattung der Grundgebühr nach Nr. 5110 VV und der Verfahrensgebühr für vorbereitendes Verfahren Nr. 5103 VV. Ein Anspruch auf Erstattung der Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren nach Nr. 5109 VV bestehe hingegen nicht.
1. Verfahrensgebühr Nr. 5116 VV
Aufgrund der anwaltlichen Tätigkeit des Verteidigers im Einziehungsverfahren vor dem Gericht des ersten Rechtzugs sei die Verfahrensgebühr Nr. 5116 Abs. 1 VV entstanden. Diese Gebühr habe das AG zu Recht festgesetzt.
2. Übrige Gebühren
a) Allgemeines
Die Frage, ob im Rahmen eines selbstständigen Einziehungsverfahren nach § 29a OWiG, bei dem der Verteidiger allein im Einziehungsverfahren tätig wird und eine Geldbuße nicht festgesetzt worden ist, neben dem Gebührentatbestand der Nr. 5116 VV zusätzlich zum einen die Grundgebühr nach Nr. 5100 VV, aber auch die weitere Vergütung nach den Nrn. 5101–5114 VV anfallen kann, wird sowohl in Rspr. als auch Lit. uneinheitlich beurteilt, und zwar wie folgt:
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Nach einer Ansicht soll für die anwaltliche Tätigkeit in diesen Fällen allein die Verfahrensgebühr nach Nr. 5116 VV entstehen (OLG Karlsruhe AGS 2013, 173 = RVGreport 2012, 301 = StRR 2012, 279 = VRR 2012, 319 m. jew. abl. Anm. Burhoff; LG Kassel RVGreport 2019, 343; LG Koblenz AGS 2018, 494 = RVGreport 2018, 386; Krumm, in: Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl., 2021, Vorbemerkung 5 Rn 38). |
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Nach anderer Ansicht sollen sowohl die Grundgebühr nach Nr. 5100 VV als auch die Gebühren Nrn. 5101–5114 VV anfallen (LG Karlsruhe AGS 2013, 230 = VRR 2013, 238 = RVGreport 2013, 234 = DAR 2013, 358 = RVGprofessionell 2013, 119 = StRR 2013, 310; LG Oldenburg AGS 2014, 65 = JurBüro 2013, 135 = RVGreport 2013, 62 = VRR 2013, 159 = StRR 2013, 314 = RVGprofessionell 2013, 153; LG Stuttgart RVGreport 2020, 347 = DAR 2020, 358 = RVGprofessionell 2020, 131; LG Trier, RVGreport 2016, 385 = VRR 10/2016,20; Gerold/Schmidt/Burhoff, 25. Aufl., 2021, RVG, W 5116 Rn 1; BeckOK RVG/Knaudt, 53. Ed. 1.9.2021, RVG VV Vorbemerkung 5 Rn 5.1). |
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Nach einer vermittelnden Ansicht können neben der Verfahrensgebühr Nr. 5116 VV auch die Grundgebühr nach Nr. 5100 VV, nicht aber die weiteren Gebühren für anwaltliche Tätigkeiten im Verwaltungsverfahren und gerichtlichen Verfahren nach Nrn. 5101–5114 VV geltend gemacht werden (LG Freiburg AGS 2020, 122 = StRR 6/2020, 31 = JurBüro 2020, 130 = RVGprofessionell 2020, 69 = RVGreport 2020, 461). |
b) Die Auffassung des LG Hamburg
Das LG Hamburg geht für diese Fälle nun davon aus, dass neben der Verfahrensgebühr nach Nr. 5116 VV sowohl die Grundgebühr (Nr. 5100 VV) als auch die Gebühren für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde (Nrn. 5101–5106 VV) anfallen können, nicht hingegen die Gebühren für das gerichtliche Verfahren im ersten Rechtszug nach Nrn. 5107–5114 VV.
aa) Grundgebühr Nr. 5100 VV
Das Entstehen der Grundgebühr Nr. 5100 VV begründet das LG mit der Systematik des Teils 5 VV, dem Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen und dem Regelungszweck der Nr. 5116 VV im Einziehungsverfahren. Die Systematik des Teils 5 VV spreche für einen kumulativen Anfall der Gebühren nach Nr. 5110 VV und Nr. 5116 VV. Bereits aus der systematischen Verortung der ggfs. anfallenden Gebühren in einzelnen Unterabschnitten, die mit der "Allgemeinen Gebühr" in Unterabschnitt 1 beginnt und sodann die weiteren potentiellen Verfahrensabschnitte in den darauffolgenden Unterabschnitten abbildet, ergebe sich, dass die Annahme einer ausschließlichen Entstehung der Gebühr nach Nr. 5116 VV, die andere Gebühren verdrängen würde, systemfremd wäre (s. auch LG Freiburg, a.a.O.; LG Stuttgart, a.a.O.; LG Karlsruhe, a.a.O.; LG Trier, a.a.O.). Daneben spreche auch der Gesetzeswortlaut der Vorbem. 5 Abs. 1 VV für die Sichtweise, dass die Verfahrensgebühr nach Nr. 5116 VV die Tätigkeit des Verteidigers in Konstellationen wie der vorliegenden nicht abschließend regele. Dem Verteidiger eines Einziehungsbeteiligten stehen nach der Vorbem. 5 Abs. 1 VV die gleichen Gebühren zu wie dem Verteidiger des Betroffenen im Bußgeldverfahren. Mit dieser eindeutigen gesetzlichen Wertung wäre es nicht in Einklang zu bringen, wenn man den Verteidiger bei einem selbstständigen Einziehungsverfahren auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 5116 VV beschränkt (so auch LG Stuttgart, a.a.O.; LG Trier, a.a.O.).
Für das Entstehen der Grundgebühr nach Nr. 5100 VV neben der Verfahrensgebühr nach Nr. 5116 VV spricht nach den weiteren Ausführungen des LG Hamburg ferner, dass die Grundgebühr als Betragsrahmengebühr von der Höhe und der Existenz eines festgesetzten Bußgeldes unabhängig ist. Es bestehe also nicht das Problem, dass es grds. an einem tauglichen Anknüpfungspunkt zur Bestimmung der anwendbaren Gebühr innerhalb eines Unterabschnitts des Teil 5 VV fehlt, wie es bei der Verfahrensgebühr im Verwaltungsverfahren und im Gerichtsverfahren der Fall ist.
bb) Verfahrensgebühr im V...