Die Entscheidung ist zutreffend, Folgendes ist aber dennoch anzumerken:
1. Gebührenanfall
Zutreffend ist insbesondere die Auffassung des LG, dass nach der Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung und der damit verbundenen Neufassung der §§ 73 ff. StGB vom sachlichen Anwendungsbereich der Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV alle Fälle der Einziehung nach §§ 73 ff. StGB, einschließlich der Wertersatzeinziehung nach § 73c StGB erfasst werden. Das ist fast einhellige Meinung in der Rspr. (vgl. KG RVGreport 2019, 219 = StRR 5/2019, 27; KG RVGreport 2020, 76; LG Aachen AGS 2021, 398; LG Berlin RVGreport 2018, 178 = RVGprofessionell 2018, 80 = StRR 2/2018, 24; Beschl. v. 26.1.2018 – 537 Qs 26/18, Beschl. v. 13.4.2018 – 511 KLs 255 Js 739/14 (11/17); LG Cottbus, Beschl. v. 22.1.2018 – 22 Wi Qs 16/17; LG Hanau RVGreport 2019, 342; AG Frankfurt a.M. RVGreport 2020, 390).
Nur das OLG Frankfurt a.M. (Beschl. v. 28.6.2019 – 2 Ws 13/19 und RVGreport 2020, 307 = StRR 7/2020, 36) schert mal wieder aus und will es besser wissen als die h.M. Warum das unzutreffend ist, wird vom LG überzeugend dargelegt.
2. Anwaltstätigkeit
Soweit das LG hinsichtlich der erbrachten Tätigkeiten darauf abstellt, dass die Gebühr schon verdient ist, wenn der Rechtsanwalt gegen einen Strafbefehl, der eine Wertersatzeinziehung anordnet, Einspruch einlegt, ist das im Hinblick auf die Rspr. des BGH zur Revision und zur Sachrüge (BGH RVGreport 2019, 102 = RVGprofessionell 2019, 58 = StRR Sonderausgabe 7/20219, 10) zwar zutreffend, ist hier aber im Grunde überflüssig gewesen. Denn nach Abs. 3 der Anm. zu Nr. 4142 VV entsteht die Gebühr u.a. "für das Verfahren des ersten Rechtzugs einschließlich des vorbereitenden Verfahrens". Das bedeutet: War der Rechtsanwalt von Anfang Verteidiger des Beschuldigten und war bereits im Ermittlungsverfahren die Wertersatzeinziehung im Gespräch/im Streit, ist die Gebühr Nr. 4142 VV nicht erst mit Einlegung des Einspruchs entstanden, sondern bereits mit der ersten vom Verteidiger im Ermittlungsverfahren im Hinblick auf die Einziehung erbrachten Tätigkeit. Ist der Rechtsanwalt erst nach Eingang des Antrags auf Erlass des Strafbefehls beauftragt worden, ist die Gebühr ebenfalls mit der ersten Tätigkeit des Rechtsanwalts im Hinblick auf die Einziehung entstanden, im Zweifel also mit der Beratung des Mandanten über die Wertersatzeinziehung bei Mandatsübernahme.
I.Ü. kam es auf die Erwägungen des LG aus folgenden Gründen nicht an: Nach Einspruch hat eine Hauptverhandlung stattgefunden, in der auch über die Wertersatzeinziehung verhandelt worden ist, sodass, da dieser Verfahrensabschnitt zum ersten Rechtszug gehört, dann auch die Gebühr Nr. 4142 VV angefallen wäre. Hier waren die Ausführungen des LG also überflüssig. Von Bedeutung sind sie aber dennoch, und zwar vor allem in den Fällen, in denen der Rechtsanwalt erst nach Eingang des Strafbefehlsantrags, also erst im gerichtlichen Verfahren beauftragt wird (Anm. zu Nr. 4104 VV) und danach ggfs. nur noch Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt wird und das Verfahren dann ohne Hauptverhandlung, also z.B. durch Rücknahme des Strafbefehlsantrags endet.
3. Festsetzung des Gegenstandswertes vorrangig
Zutreffend ist auch, dass das LG nicht "durchentschieden" hat. Denn es fehlte noch die für die Festsetzung der zusätzlichen Gebühr Nr. 4142 VV erforderliche Festsetzung des Gegenstandswertes. Der dürfte hier, da es um Einziehung von Wertersatz i.H.v. 9.000,00 EUR ging, auf 9.000,00 EUR festzusetzen sein (zur Gegenstandswertfestsetzung Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 4142 VV Rn 29 ff.).
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 1/2022, S. 23 - 25