1. Gesetzliche Regelung
Im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit fällt für eine Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gem. § 133a FGO nach Nr. 6400 GKG KV eine Festgebühr i.H.v. 60,00 EUR (bis zum 31.12.2020) bzw. 66,00 EUR (ab dem 1.1.2021) an, wenn die Rüge in vollem Umfang verworfen oder zurückgewiesen wird.
2. Anhörungsrüge im PKH-Verfahren
Das Verfahren wegen Bewilligung von PKH ist gerichtsgebührenfrei. Diese Gerichtsgebührenfreiheit gilt nach Auffassung des BFH jedoch dann nicht, wenn eine Anhörungsrüge in vollem Umfang verworfen oder zurückgewiesen ist. Insoweit hat der Senat auf die st. Rspr. des BFH verwiesen (BFH RVGreport 2015, 234 [Hansens]; BFH BFH/NV 2006, 1123; BFH BFH/NV 2007, 923; BFH BFH/NV 2014, 1071).
3. Übergangsrecht
In der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung des GKG beträgt die Gebühr in dem Fall, in dem die Anhörungsrüge in vollem Umfang verworfen oder zurückgewiesen worden ist, 60,00 EUR, während nach der durch das KostRÄG 2021 ab dem 1.1.2021 geänderten Fassung der Nr. 6400 GKG KV die Festbetragsgebühr 66,00 EUR beträgt. Nach Auffassung des BFH beträgt die Festgebühr vorliegend 60,00 EUR, obwohl die Anhörungsrüge nach dem 31.12.2020 eingelegt und beschieden worden ist. Dies folgert der BFH aus der Übergangsregelung in § 71 Abs. 1 S. 1 GKG, wonach die Kosten in Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, nach dem bisherigen Recht erhoben werden. Vorliegend hatte der Antragsteller seine Anhörungsrüge erst am 20.7.2021 beim BFH angebracht. Dies war nach Auffassung des BFH jedoch nicht entscheidend. Vielmehr hat der BFH auf den Eingang des PKH-Bewilligungsantrages des Antragstellers abgestellt, gegen dessen Ablehnung sich die Anhörungsrüge gerichtet hat. Dieser Antrag war hier bereits am 13.9.2019 beim BFH eingegangen.
a) Die frühere Rechtsprechung des Senats
Der X. Senat des BFH hatte früher Anhörungsrügen als selbstständige Verfahren der FGO und damit als eine Rechtsstreitigkeit i.S.d. § 71 Abs. 1 S. 1 GKG angesehen und damit auf die Anhängigkeit der Anhörungsrüge abgestellt (s. BFH/NV 2014, 871 und BFH/NV 2014, 1754).
b) Die neue Auffassung des Senats
Diese Auffassung hat der X. Senat des BFH vorliegend aufgegeben. Die Qualifikation des Anhörungsrügeverfahrens als selbstständiges Verfahren werde dem Wesen einer Anhörungsrüge nicht gerecht. Eine solche Anhörungsrüge ermögliche eine nachträgliche Selbstkontrolle des Gerichts und eine die Rechtskraft der bereits getroffenen Entscheidung beiseiteschiebende Fortsetzung des Verfahrens. Als Beleg für seine Auffassung hat der BFH die Regelungen in § 133a FGO angeführt. Nach § 133a Abs. 1 und Abs. 5 S. 1 FGO führt das Gericht bei begründeter Anhörungsrüge das Verfahren fort. Gem. § 133a Abs. 5 S. 2 FGO wird das Verfahren in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befunden hat. Außerdem hat der BFH auf seine Entscheidung (BFHE 263, 498 = RVGreport 2019, 360) in einem Entschädigungsklageverfahren wegen überlanger Verfahrensdauer gem. § 198 GVG verwiesen, wonach eine sich an ein isoliertes Verfahren auf PKH-Bewilligung anschließende Anhörungsrüge ein Rechtsbehelf ist, der auf die Fortführung des ursprünglichen Verfahrens gerichtet ist. Damit hatte der Senat die Rspr. des BGH bestätigt, nach der ein Anhörungsrügeverfahren kein selbstständiges Verfahren ist, sondern dem Hauptsacheverfahren hinzugerechnet wird und somit Teil eines einheitlichen Gerichtsverfahrens i.S.v. § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG ist (BGH NJW 2014, 2443).
Deshalb ist nach Auffassung des X. Senats des BFH kein Grund dafür ersichtlich, den Begriff der Rechtsstreitigkeit i.S.v. § 71 Abs. 1 S. 1 GKG und den des einheitlichen Gerichtsverfahrens gem. § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG in diesem Zusammenhang unterschiedlich auszulegen. Da somit das vorliegende Anhörungsrügeverfahren als Teil des PKH-Bewilligungsverfahrens anzusehen sei, sei gem. § 71 Abs. 1 S. 1 GKG noch das bis zum 31.12.2020 gültige Kostenrecht anzuwenden, das eine Festgebühr i.H.v. 60,00 EUR vorgesehen hat.