I. Höhe der Umsatzsteuer
Nach Nr. 7008 VV ist die Umsatzsteuer auf die Anwaltsvergütung in voller Höhe zu erheben. Gem. § 19 Abs. 1 UStG beträgt der Umsatzsteuersatz auf die Anwaltsvergütung seit dem 1.1.2007 grds. 19 %. Allerdings ist aus Anlass der Corona-Pandemie der Umsatzsteuersatz im Zeitraum vom 1.7. bis zum 31.12.2020 durch das 2. Corona-Steuerhilfegesetz vom 29.6.2020 von 19 % auf 16 % ermäßigt worden.
II. Änderung des Umsatzsteuersatzes
Innerhalb derselben gebührenrechtlichen Angelegenheit ist die Höhe des Umsatzsteuersatzes einheitlich anzusetzen. Es stellt sich hier die Frage, ob für die Vergütung des Prozessbevollmächtigten des Klägers der auf 16 % ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt oder der mit Wirkung vom 1.1.2021 wieder maßgebliche Umsatzsteuersatz von 19 %. Gem. § 27 UStG gilt der geänderte Umsatzsteuersatz für alle Umsätze, die nach Inkrafttreten der Änderungsvorschrift ausgeführt worden sind. Dies könnte dafür sprechen, dass die Vergütung des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit 16 % zu versteuern ist, weil er seine Tätigkeiten innerhalb des Zeitraums vom 1.7.2020 (Klageschrift) bis zum 31.12.2020 (mündliche Verhandlung) erbracht hat. Jedoch ist die anwaltliche Leistung erst dann in diesem Sinne ausgeführt, wenn er die seinem Mandanten geschuldete Leistung vollständig erbracht hat. Dies ist erst dann der Fall, wenn die anwaltliche Vergütung fällig geworden ist. Die Fälligkeit der Vergütung des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist hier gem. § 8 Abs. 1 S. 2 RVG erst eingetreten, als in dem am 4.1.2021 verkündeten Urteil die Kostenentscheidung erlassen wurde und außerdem gleichzeitig der Rechtszug beendet worden ist. Zu diesem Zeitpunkt galt jedoch wieder der – nicht mehr ermäßigte – normale Umsatzsteuersatz von 19 %.
III. Nachfestsetzung der Umsatzsteuer
Ob vorliegend die Nachfestsetzung eines Teils der Umsatzsteuer zulässig ist, ist fraglich. Nach der Entscheidung des BGH ist die Nachfestsetzung der Zinsen auf den Erstattungsbetrag bei Änderung des Zinssatzes in § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO dann unzulässig, wenn über den Kostenfestsetzungsantrag nach früherem Recht rechtskräftig entschieden worden ist. Ein dem vergleichbarer Fall lag hier jedoch nicht vor, da die Anwaltsvergütung nach dem geltenden Umsatzsteuerrecht tatsächlich mit 19 % Umsatzsteuer zu versteuern ist. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist in seinem ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrag lediglich fälschlich davon ausgegangen, dass der Umsatzsteuersatz 16 % beträgt.
Für die Änderung des Gebührenrechts hat das OLG Köln eine Nachfestsetzung dann für zulässig angesehen, wenn die erstattungsberechtigte Partei in ihrem ersten, rechtskräftig beschiedenen Kostenfestsetzungsantrag irrtümlich von der Geltung des bisherigen Gebührenrechts ausgegangen ist und nunmehr die Differenz der auf dem neuen Gebührenrecht beruhenden Anwaltsvergütung zu der bereits festgesetzten Anwaltsvergütung auf der Grundlage des bisherigen Gebührenrechts geltend macht.
Gegen die Zulässigkeit der Nachfestsetzung der Differenz der Umsatzsteuer spricht der Umstand, dass der Kläger in seinem ersten Kostenfestsetzungsantrag Umsatzsteuer auf der Grundlage eines Satzes von 16 % geltend gemacht hat und nicht zu erkennen gegeben hat, dass ein Rest zurückgestellt werden könnte. Folglich erstreckt sich die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Rechtspflegers auf den ganzen geltend gemachten Auslagentatbestand "Umsatzsteuer", auch wenn der Antragsteller in seinem Antrag irrtümlich einen zu niedrigen Umsatzsteuersatz zugrunde gelegt hat. Somit spricht viel dafür, dass der Nachfestsetzungsantrag zurückgewiesen wird.
Gleichwohl sollte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Nachfestsetzungsantrag stellen und mit seinem Mandanten das Prozesskostenrisiko erörtern, das sich dann verwirklichen kann, wenn der Beklagte mit Erfolg gegen den Nachfestsetzungsbeschluss Erinnerung/sofortige Beschwerde einlegt. Eine solche Erörterung mit dem Mandanten ist auch dann erforderlich, wenn der Nachfestsetzungsantrag zurückgewiesen wird und zu prüfen ist, ob hiergegen Erinnerung/sofortige Beschwerde eingelegt werden soll.
Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 1/2024, S. 13 - 14