§§ 151, 162 Abs. 1, Abs. 2, § 165 VwGO; §§ 3 ff. RVG
Leitsatz
Auf der Grundlage von § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO sind nur die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts erstattungsfähig.
OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.10.2023 – 4 OA 39/23
I. Sachverhalt
Aufgrund der Kostenentscheidung in einer naturschutzrechtlichen Angelegenheit hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) des VG Osnabrück durch Kostenfestsetzungsbeschl. v. 18.10.2022 zugunsten des Klägers neben seinen Aufwendungen für ein Privatgutachten auch die gesetzlichen Gebühren und Auslagen seines Prozessbevollmächtigten, die für die Vertretung im Verwaltungsprozess entstanden sind, festgesetzt. In einem weiteren Kostenfestsetzungsantrag hat der Kläger darüber hinaus weitere, auf einer Vergütungsvereinbarung beruhende Anwaltskosten i.H.v. 5.374,75 EUR geltend gemacht. Der UdG des VG Osnabrück hat die Festsetzung abgelehnt. Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Erinnerung) hat das VG Osnabrück zurückgewiesen. Die dagegen vom Kläger erhobene Beschwerde ist beim OVG Lüneburg ebenfalls ohne Erfolg geblieben.
II. Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten
1. Gesetzliche Regelung
Gem. § 162 Abs. 1 VwGO, der die Erstattungsfähigkeit von Kosten regelt, sind die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens erstattungsfähig. Nach § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Insoweit unterscheidet sich diese Vorschrift von der Regelung in § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, der u.a. für den Zivilprozess gilt, wonach die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei zu erstatten sind.
2. Höhe der erstattungsfähigen Anwaltskosten
Das OVG Lüneburg hat die Auffassung des VG Osnabrück geteilt, wonach zu den von der Beklagten aufgrund der Kostenentscheidung zu erstattenden Anwaltskosten lediglich die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts auf der Grundlage des RVG zu verstehen seien. Diese habe der UdG des VG Osnabrück bereits in seinem Kostenfestsetzungsbeschl. v. 18.10.2022 zugunsten des Klägers festgesetzt. Für die Festsetzung weiterer, auf der Vergütungsvereinbarung zwischen dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten beruhenden Anwaltskosten fehle es an einer Rechtsgrundlage.
3. Nur gesetzlich bestimmte Gebühren und Auslagen erstattungsfähig
Dies hat das OVG Lüneburg damit begründet, dass gem. § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO stets nur die gesetzlich bestimmten Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts erstattungsfähig seien. Insoweit hat das OVG auf die Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg (AGS 2023, 120 [Hansens]) verwiesen.
Dem steht nach den weiteren Ausführungen des OVG Lüneburg nicht entgegen, dass nach dem Wortlaut des § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO anders als nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO die erstattungsfähigen Anwaltskosten nicht ausdrücklich auf die "gesetzlichen" Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts beschränkt sind. Das OVG hat keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass die fehlende Verwendung des Wortes "gesetzlich" im Text des § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO davon motiviert gewesen sein könnte, dass für den Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit eine von der gesetzlichen Vergütung abweichende höhere Anwaltsvergütung erstattungsfähig wäre. Nach Auffassung des OVG ist vielmehr davon auszugehen, dass die sprachliche Fassung in dem jetzigen § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO deshalb erfolgt sei, weil die Hinzufügung des Wortes "gesetzlich" entbehrlich und überflüssig erschien. Unter den Gebühren und Auslagen sei nämlich ohnehin nur die gesetzliche Vergütung des Rechtsanwalts zu verstehen.
b) Keine abweichende Gesetzesauslegung
Eine gegenteilige Gesetzesauslegung führte nach den weiteren Ausführungen des OVG Lüneburg zu einer Änderung des gesamten Gefüges der Kostenfestsetzung hinsichtlich von Anwaltskosten. Denn sonst müsse die Prüfung der Angemessenheit einer von den gesetzlichen Gebühren und Auslagen abweichenden höheren Vergütungsvereinbarung in das Kostenfestsetzungsverfahren verlagert werden. Wenn der Gesetzgeber eine so weitgehende Verschiedenheit der Kostenerstattung für die anwaltliche Vertretung im Verwaltungsprozess einerseits von derjenigen im Zivilprozess andererseits beabsichtigt hätte, so hätte dies in § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO klarer zum Ausdruck kommen müssen (s. auch OVG NRW NJW 1969, 709).
Nach den weiteren Ausführungen des OVG Lüneburg wird die für sämtliche Kostenpositionen in § 162 Abs. 1 VwGO getroffene Regelung, wonach nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen erstattungsfähig sind, für die durch die Vertretung durch einen Rechtsanwalt angefallenen Kosten in § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO konkretisiert. Für die Anwaltskosten sei es grds. entbehrlich, die Notwendigkeit der Zuziehung des Rechtsanwalts im Einzelfall zu prüfen. Gleiches gelte i.Ü. auch für die Höhe der hierdurch en...