1. Verhandeln erforderlich
Das LG teilt die Auffassung des AG, dass die (Vernehmungs-)Terminsgebühr Nrn. 4103, 4102 Nr. 3 VV festzusetzen ist. Nr. 4102 Nr. 3 VV sehe eine Terminsgebühr für Termine außerhalb der Hauptverhandlung vor, in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung verhandelt worden sei. Bei der am 4.8.2022 erfolgten Vernehmung des (damaligen) Beschuldigten nach Ergreifung aufgrund eines bereits bestehenden Haftbefehls durch den zuständigen Richter (§ 115 StPO) vor dem AG Augsburg habe es sich um einen solchen Termin gehandelt.
Wie seitens der Staatskasse zutreffend ausgeführt werde, sei für das Entstehen dieser Gebühr ein "Verhandeln" erforderlich (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 26. Aufl., 2023, VV 4102 Rn 13). Mit diesem Erfordernis habe der Gesetzgeber erreichen wollen, dass die häufig nur sehr kurzen reinen Haftbefehlsverkündungstermine nicht von diesem Gebührentatbestand erfasst werden und die Teilnahme des Rechtsanwalts an derartigen Terminen nicht gesondert honoriert werde (vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.6.2014 – 1 Ws 85/14, StraFo 2014, 350 = RVGreport 2014, 428 = StRR 2014, 517). Entgegen der Auffassung der Staatskasse habe ein solches "Verhandeln" im Termin vom 4.8.2022 stattgefunden. Aus den von der Staatskasse angeführten Entscheidungen des OLG Saarbrücken (a.a.O.) und des OLG Bamberg (Beschl. v. 19. 1.2021 – 1 Ws 692/20, AGS 2021, 169 = JurBüro 2021, 241) folge nichts anderes. Es seien die jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls in den Blick zu nehmen, zudem liege diesen Entscheidungen ein gänzlich anderer Sachverhalt zugrunde.
2. OLG-Rechtsprechung
a) OLG Bamberg
Der Entscheidung des OLG Bamberg (a.a.O.) sei ein Haftbefehlseröffnungstermin voraus gegangen, nachdem das LG nach Anklageerhebung gegen den später Verurteilten einen neuen, an die Anklage angepassten Haftbefehl erlassen habe. Der darauffolgende Termin zur Verkündung und Eröffnung des neuen Haftbefehls habe in Anwesenheit des Pflichtverteidigers stattgefunden. Nach der Vereidigung des Dolmetschers und der Feststellung der Personalien des zum damaligen Zeitpunkt Angeschuldigten sei diesem eine Haftbefehlsabschrift überreicht worden. Anschließend sei die Sitzung kurz unterbrochen worden. Nach Fortsetzung der Sitzung habe der Angeschuldigte erklärt, dass er den Haftbefehl erhalten habe, dieser ihm vom Dolmetscher vorgelesen worden sei und er ihn verstanden habe. Er habe bestätigt, die im Haftbefehl benannte Person zu sein. Nach gerichtlicher Belehrung des Angeschuldigten über dessen Rechte habe der Verteidiger erklärt, dass eine Einlassung zur Person und zur Sache bis zur Hauptverhandlung zurückgestellt werde. Dies habe der Angeschuldigte bestätigt. Anschließend habe das LG den neuen Haftbefehl "bestätigt". Ersichtlich sei in diesem Haftprüfungstermin gerade keine Einlassung zur Sache erfolgt, auch habe der Verteidiger keinen Antrag gestellt. Vielmehr habe sich die "Leistung" des Verteidigers darin erschöpft, seinen Mandanten dahingehend zu beraten, keine Einlassung zur Sache und zur Person abzugeben. Zutreffend habe das OLG Bamberg (a.a.O.) dies nicht ausreichen lassen, da das LG durch diese Erklärung gar nicht in die Lage versetzt werden konnte, über das weitere Vorliegen der Voraussetzungen der Fortdauer der Untersuchungshaft ernsthaft zu entscheiden.
b) OLG Saarbrücken
Auch in dem der Entscheidung des OLG Saarbrücken (a.a.O.) zugrunde liegenden Termin habe sich der damalige Beschuldigte nach vorläufiger Festnahme im Rahmen zweier Haftvorführungen nicht zum Sachverhalt oder zu den Haftgründen eingelassen, sondern von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch gemacht. Anträge habe der Verteidiger – soweit sich der Entscheidung entnehmen lasse – jeweils nicht.
3. Unterschied
Damit werde – so das LG – bereits der Unterschied zu dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt deutlich: In dem Termin am 4.8.2022 habe die Verteidigerin für den (damaligen) Beschuldigten eine Einlassung zur Sache abgegeben, an die sich der Beschuldigte anschließend im Rahmen eines (etwaigen) Hauptverfahrens auch zu messen hätte. Zusätzlich habe die Verteidigerin auch den Antrag gestellt, nach Aktenlage zu entscheiden. Wie sich sowohl den zitierten Entscheidungen als auch der Kommentarlit. (vgl. etwa Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O.) wie auch der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks 15/1971, 223) entnehmen lasse, sollen die häufig nur sehr kurzen reinen Haftbefehlsverkündungstermine von dem Gebührentatbestand nicht erfasst werden. Schließe sich allerdings eine Verhandlung über die Fortdauer der Untersuchungshaft an, entstehe die Terminsgebühr (vgl. BT-Drucks 15/1971, 223).
Vorliegend habe ein solches "Verhandeln" über die Fortdauer der Untersuchungshaft stattgefunden. Wie ein Blick in § 112 Abs. 1 StPO zeige, setze die Anordnung der Untersuchungshaft voraus, dass der Beschuldigte einer Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Dementsprechend könne selbstverständlich auch eine Einlassung zur Sac...