Einige Bundesländer haben von einer Öffnungsklausel in § 15a EGZPO Gebrauch gemacht: Vor der Durchführung bestimmter Verfahren ist in jenen Ländern zwingend ein Schlichtungsverfahren vor einer dazu eingerichteten Gütestelle durchzuführen. Nach ernüchternden Erfahrungen mit dem Schlichtungsverfahren haben einige Bundesländer dieses wieder abgeschafft, die meisten es auf Nachbarrechtsstreitigkeiten und Auseinandersetzungen wegen der Verletzung der Ehre beschränkt. Baden-Württemberg hält auch für Verfahren bis zu einem Gegenstandswert von 750,00 EUR weiter an der obligatorischen vorgerichtlichen Schlichtung fest. Gläubiger kleiner Ansprüche werden damit in das Mahnverfahren gezwungen.
Liegt der Wohnsitz der Parteien im gleichen oder in aneinander angrenzenden Landgerichtsbezirken in Baden-Württemberg, muss nach § 1 Abs. 1, 3 SchlG BW zunächst ein Schlichtungsversuch unternommen werden. Eine Klage, die ohne die vorherige Durchführung des Schlichtungsverfahrens eingereicht wird, ist als unzulässig abzuweisen. Das Schlichtungsverfahren kann weder im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren noch im Berufungsverfahren nachgeholt werden.
OLG Karlsruhe und LG Freiburg haben in ihren beiden Entscheidungen aus dem Zwangscharakter des Verfahrens die richtige Konsequenz gezogen und die Erstattung der Kosten des Schlichtungsverfahrens als notwendige Kosten der Verfahrensvorbereitung angesehen. Damit sind diese Kosten erstattungsfähig i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO. In beiden Fällen wurden konkret auch die Kosten einer anwaltlichen Vertretung im Schlichtungsverfahren als notwendig angesehen. Die Angelegenheiten seien nicht so einfach gestaltet, dass es hätte zugemutet werden können, sich nicht vertreten zu lassen. Zu erstatten waren also die Gebühren des Schlichters und die Gebühren der späteren Prozessbevollmächtigten nach Nr. 2303 Nr. 1 VV.
Im Fall des OLG Karlsruhe waren die Kosten als materieller Schadenersatz eingeklagt und in erster Instanz durch das LG Freiburg noch zugesprochen worden. Das OLG hob die Entscheidung insoweit auf und verwies auf die Möglichkeit der Festsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren. Es verneinte zu Recht das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses für eine Klage. Die Besonderheit der Entscheidung des OLG Karlsruhe liegt in der Klageerhebung durch den Gegner des Schlichtungsantrags vor dem LG. Durch diese Klage wurde das durch den späteren Beklagten eingeleitete Schlichtungsverfahren obsolet, da ein solches Verfahren nur einer Klage vor dem AG vorauszugehen hat. Dennoch spricht – zu Recht – das OLG die Kosten jenes Verfahrens zu, da der beabsichtigte Antrag des Beklagten zur Zuständigkeit des AG gehört hatte. Das LG Freiburg folgt dieser Rechtsprechung des OLG, die es als herrschende Meinung bezeichnet.
Rechtsanwalt Tilman Winkler, Kenzingen