RVG VV Nr. 5115; OWiG § 47 Abs. 2
Leitsatz
- Im Falle einer Einstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG entsteht eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 VV.
- Eine Einlassung im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde stellt eine ausreichende Mitwirkung i.S.d. Nr. 5115 VV dar, auch wenn die Einstellung erst im späteren gerichtlichen Verfahren erfolgt.
AG Zossen, Beschl. v. 12.11.2008–11 OWi 43159 Js-Owi 286/08 (70/08)
1 Sachverhalt
Das AG hatte das Verfahren gegen den Betroffenen gem. § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt und die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse auferlegt. Hintergrund war eine dem Betroffenen vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung, wegen der die Verwaltungsbehörde einen Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen erlassen hatte.
Auf das Anhörungsschreiben der Verwaltungsbehörde meldete sich der Verteidiger des Betroffenen und gab für diesen eine Einlassung auf. Die Behörde erließ daraufhin einen Bußgeldbescheid und führte aus, dass die Einlassung den Betroffenen nicht entlasten könne.
Im anschließenden gerichtlichen Verfahren vor dem AG wurde das Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt. Das AG folgte der Einlassung des Betroffenen. Es sei nicht auszuschließen sei, dass das Verkehrszeichen von einem anderen Fahrzeug verdeckt gewesen sei.
Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren beantragte der Betroffenen u.a. auch die Festsetzung einer Gebühr nach Nr. 5115 VV. Diese zusätzliche Gebühr wurde im Festsetzungsverfahren abgesetzt. Zur Begründung hieß es, dass es an einer auf die Förderung des Verfahrens gerichteten Tätigkeit fehle. Der Beschluss nach § 47 Abs. 2 OWiG bedürfe nicht der Mitwirkung des Betroffenen. Die Zustimmung des Verteidigers zu der beabsichtigten Einstellung stelle daher keine anwaltliche Mitwirkung dar.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Betroffene mit seiner befristeten Erinnerung, die Erfolg hatte.
2 Aus den Gründen
Die Gebühr nach Nr. 5115 VV ist entstanden. Durch anwaltliche Mitwirkung ist die Durchführung einer Hauptverhandlung entbehrlich geworden. Das Verfahren wurde endgültig eingestellt. Die Entstehung der Gebühr ist auch nicht nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 5115 VV ausgeschlossen, denn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des Verteidigers ist zweifellos ersichtlich.
Erforderlich für die Entstehung einer Gebühr nach Nr. 5115 VV ist, dass der Erfolg – hier die endgültige Einstellung des Verfahrens – durch die Mitwirkung des Anwaltes eingetreten ist (vgl. Hartmann, KostG, 38. Aufl., Rn 1 zu Nr. 5115 VV). Insoweit genügt ein ersichtlicher Beitrag des Anwaltes, der in irgendeiner Form mitursächlich geworden ist.
Hier hat der Verteidiger bereits im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde die Einstellung des Verfahrens angeregt und dies mit einer ausführlichen Begründung versehen sowie mit Fotos untermauert. Das Gericht ist der Argumentation des Verteidigers bei der Entscheidung zur Einstellung des Verfahrens offensichtlich gefolgt. Es hat die Argumentation des Verteidigers zur Begründung der Einstellung übernommen.
Der Ursächlichkeitszusammenhang dieser anwaltlichen Tätigkeit zur Verfahrenseinstellung wird auch nicht dadurch unterbrochen, dass der Anwalt die Einstellung bereits im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde anregte, jedoch erst das Gericht diese Anregung aufnahm (vgl. auch LG Potsdam, Beschl. v. 19.6.2003–21 Qs 76/03; Hartmann, KostG, 38. Aufl., Rn 4 zu Nr. 5115 VV).
Die Tätigkeit des Rechtsanwaltes wirkt auch im gerichtlichen Verfahren nach, denn sie war objektiv geeignet, das Verfahren i.S.d. Einstellungsbeschlusses nach § 47 Abs. 2 OWiG zu fördern. Grundlage für die Einstellungsentscheidung war die gesamte Verfahrensakte, die dem AG Zossen vorlag.
Dieses Ergebnis trägt dem Regelungszweck der zusätzlichen Gebühren Rechnung. Durch diese soll die anwaltliche Mithilfe zu einer Vereinfachung und/oder Verkürzung des Verfahrens belohnt werden. Ausgeschlossen werden sollen nur sachfremde Äußerungen des Anwaltes oder solche Tätigkeiten, die offensichtlich nicht als ein ersichtlicher Beitrag zur Förderung zu werten sind (vgl. Hartmann, KostG, 38. Aufl., Rn 3 zu Nr. 5115 VV).
Anmerkung
In diesem Sinne hatte auch schon der BGH entschieden, der eine Einlassung im vorangegangenen Strafverfahren als Mitwirkung hat ausreichen lassen, wenn sich später ein Bußgeldverfahren anschließt und dieses aufgrund der Einlassung im Strafverfahren ebenfalls eingestellt wird.