RVG § 33; RVG VV Nr. 3104
Leitsatz
Führen die Parteien in einem gerichtlichen Termin ein Gespräch über weitere, nicht rechtshängige Ansprüche, ist für die Terminsgebühr ein Gegenstandswert unter Berücksichtigung des Wertes dieser Ansprüche sowie desjenigen des Streitgegenstands festzusetzen, selbst wenn es insoweit nicht zu einer Einigung kommt.
OLG Celle, Beschl. v. 26.6.2008–4 W 73/08
1 Sachverhalt
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes auf 11.000,00 EUR für das gesamte Verfahren.
Mit dem Antrag auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens haben die Antragsteller einen vorläufigen Streitwert von 20.000,00 EUR angegeben. In der mündlichen Verhandlung, in der der Sachverständige angehört wurde, erörterten die Beteiligten ausweislich des Protokolls im Anschluss an die Beweisaufnahme die Möglichkeit einer vergleichsweisen Einigung; angedacht wurde, dass sich der Antragsgegner zur Rücknahme des Hauses verpflichte. Streitig war der Ersatz der auf das Haus getätigten Verwendungen sowie die Verrechnung von Nutzungen. Angedacht war ferner, dass die Antragsteller das Grundstück in eigener Regie veräußerten und nur eine Regelung bezüglich der Differenz zum an den Antragsgegner gezahlten Kaufpreis getroffen werde.
Das LG hat einen Gegenstandswert von 11.000,00 EUR festgesetzt und eine Differenzierung zwischen Verfahrens- und Terminsgebühr nicht vorgenommen. Hierzu hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass mangels Antragstellung eine Verhandlung zu einem höheren Wert nicht stattgefunden habe.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Bevollmächtigten der Antragsteller.
2 Aus den Gründen
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Zugunsten der Bevollmächtigten des Antragstellers wird davon ausgegangen, dass die sofortige Beschwerde im eigenen Namen eingelegt ist, worauf die Formulierung "wir" im Beschwerdeschriftsatz hindeutet.
2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Sie führt zur Heraufsetzung des Streitwertes für die Terminsgebühr.
a) Vorbem. 3 Abs. 3 VV besagt, dass die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts entsteht. Nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV wird für den Fall, dass in dem Termin auch Verhandlungen zur Einigung über diesen in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche geführt wurden, die Terminsgebühr, soweit sie den sich ohne Berücksichtigung der nicht rechtshängigen Ansprüche ergebenden Gebührenbetrag übersteigt, auf eine Terminsgebühr angerechnet, die wegen desselben Gegenstands in einer anderen Angelegenheit entsteht.
Hierzu wird in der Lit. die Auffassung vertreten, dass sich die Terminsgebühr für einen Verhandlungs- oder Erörterungstermin nach dem Wert des Gegenstands bemesse, zu dessen Verhandlung oder Erörterung der Termin bestimmt sei, sofern nicht der Wert des Gegenstands, der verhandelt oder erörtert werde, ein höherer sei. Unabhängig davon, ob ein Vergleich zustande käme, sei der Wert der nicht rechtshängigen Ansprüche für die Terminsgebühr dem Wert des Streitgegenstands hinzuzurechnen, sofern in diesem Termin Vergleichsverhandlungen unter Einbeziehung von Ansprüchen, die in diesem Verfahren nicht rechtshängig sind, geführt werden (Riedel/Sußbauer-Keller, RVG, 9. Aufl., VV Teil 3 Vorbem. 3 Rn 51). Dies gelte auch bei Führung von Vergleichsverhandlungen in einem gerichtlichen Termin (Riedel/Sußbauer-Keller, a.a.O., VV Teil 3 Abschnitt 1 Rn 5). Der Regelung der Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV wird entnommen, dass eine Terminsgebühr auch dann anfalle, wenn Einigungsgespräche über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche geführt würden, da nur eine entstandene Gebühr angerechnet werden könne (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., VV 3104 Rn 73). Dabei ist für den Anfall der Terminsgebühr ohne Bedeutung, dass es tatsächlich nicht zu einer gütlichen Einigung kommt (BGH, Beschl. v. 20.11.2006 – II ZB 6/06 [= AGS 2007, 115]).
b) Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Der Streitwert für die Terminsgebühr ist auf 130.000,00 EUR festzusetzen. Bei dem Termin hat es sich um einen Beweisaufnahmetermin i.S.d. oben genannten Vorschriften gehandelt, für den die Bevollmächtigten eine Terminsgebühr auch im selbständigen Beweisverfahren abrechnen können. Am Ende des Termins ist über die Rückabwicklung des zwischen den Parteien einst geschlossenen Kaufvertrags über ein Haus geredet worden. Dabei kann es dahinstehen, ob – wie der Bevollmächtigte des Antragsgegners meint – es weder zu einem verbindlichen noch zu einem konkreten Verhandeln gekommen sei. Es reicht aus, wenn zwischen den Parteien hierüber Gespräche geführt werden und der Anwalt hieran mitwirkt. Auf die Intensität dieser Gespräche kommt es nicht an. Will eine Partei eine Gebührenerhöhung vermeiden, steht es ihr frei, ein solches Gespräch bereits im ...