GKG §§ 41 Abs. 1, 45 Abs. 1, 2
Leitsatz
- Wird im Rechtsmittelverfahren nur die Befristung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt angegriffen, richtet sich der Gebührenstreitwert gem. § 42 Abs. 1 GKG nach dem Wert der ersten zwölf noch im Streit befindlichen Monate.
- Beantragt der Berufungsführer Klageabweisung, während der Gegner mit der Anschlussberufung eine Verlängerung oder den Wegfall der Befristung erreichen will, betreffen die Ansprüche denselben Gegenstand i.S.v. § 45 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 und 3 GKG mit der Folge, dass der Streitwert sich nur nach dem höheren Wert richtet.
OLG Oldenburg, Beschl. v. 23.9.2008–13 UF 44/08
1 Sachverhalt
Die Parteien waren seit 1973 verheiratet und haben sich im Januar 2003 getrennt. Am 15.6.2004 wurde die Ehe geschieden. Durch Urt. v. 18.3.2008 hat das FamG dem Antrag auf nachehelichen Unterhalt in Höhe von 760,00 EUR von März bis Dezember 2007, ab 1.1.2008 befristet bis Dezember 2010 von 770,00 EUR stattgegeben. Mit seiner Berufung hat der Beklagte Abweisung der Klage begehrt. Die Klägerin hat mit ihrer unselbständigen Anschlussberufung eine unbefristete Zahlung von Unterhalt erreichen wollen. Nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Berufung zurückgenommen.
2 Aus den Gründen
Der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens bestimmt sich gem. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG nach den gestellten Anträgen. Im Unterhaltsrechtsstreit ist nach § 42 Abs. 1 GKG der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung der Klage oder des Antrags geforderte Betrag maßgeblich. Damit beträgt der Streitwert für die Berufung des Beklagten 9.140,00 EUR (10 x 760,00 EUR + 2 x 770,00 EUR).
Der Streitwert der Anschlussberufung bemisst sich ebenfalls nach § 42 Abs. 1 GKG und beläuft sich auf 9.240,00 EUR (12 x 770,00 EUR). Auch dann, wenn nur die Befristung angegriffen wird, richtet sich der Gebührenstreitwert nach dem Wert der ersten zwölf noch im Streit befindlichen Monate (BGH FamRZ 2003, 1274; OLG Stuttgart FamRZ 2008, 1205 [= AGS 2008, 192]).
Die Rechtsmittel sind gem. § 45 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 und 3 GKG nicht zusammenzurechnen, weil sie werttechnisch identisch sind. Beantragt im Rechtsmittelverfahren der Gegner der Partei, die eine Verkürzung der Leistungsdauer begehrt, eine Verlängerung oder den Wegfall der Befristung des der Höhe nach unstreitigen Anspruchs, ist wirtschaftliche Identität gegeben (OLG Stuttgart a.a.O.; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rn 4626; a.A. Meyer, GKG, 9. Aufl. 2007, § 45 Rn 26: Addition). Nichts anderes gilt dann, wenn – wie hier – nicht nur eine zeitliche Verkürzung des Anspruchs begehrt wird, sondern der Anspruch insgesamt angegriffen wird. Dagegen lässt sich zwar einwenden, die wirtschaftliche Identität fehle wegen der unterschiedlichen Zeiträume, denn die Berufung hat die Zeit vor Dezember 2011 und die Anschlussberufung den danach liegenden Zeitraum zum Gegenstand. Aber auch dann, wenn verschiedene zeitliche Phasen angegriffen werden, betreffen beide Anträge denselben Gegenstand i.S.v. § 45 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 GKG, nämlich den einheitlichen Anspruch auf Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht.
Dies hat zur Folge, dass der Streitwert insgesamt auf bis zu 10.000,00 EUR anzusetzen ist.
3 Anmerkung
Der Sachverhalt gibt leider nicht wieder, wann Klage eingereicht worden ist, also ob hier auch fällige Unterhaltsbeträge zu berücksichtigen waren.
Geht man hier davon aus, dass keine fälligen Beträge im Streit waren, dann war der Streitwert mit 10 x 760,00 EUR + 2 x 770,00 EUR = 9.140,00 EUR zutreffend berechnet.
Der Wert der Anschlussberufung wäre an sich, wie das Gericht ausführt, mit 12 x 770,00 EUR zu bewerten gewesen, weil auch im Falle der Befristung maximal der Wert von zwölf Monaten anzusetzen ist. Rechnerisch hätte sich dann für die Anschlussberufung ein Wert in Höhe von 9.140,00 EUR ergeben.
Das Gericht übersieht jedoch, dass nach § 47 Abs. 2 S. 2 GKG der Wert des Berufungsverfahrens nicht höher sein kann als der Wert des Ausgangsverfahrens, es sei denn, der Streitgegenstand wird im Berufungsverfahren erweitert, was hier aber nicht der Fall war. Also hätte auch für die Widerklage maximal 9.140,00 EUR abgesetzt werden dürfen. Die fehlerhafte Berechnung war hier im Ergebnis unschädlich, da sie keinen Gebührensprung verursachte.
Das Gericht irrt auch, wenn es meint, Klage und Widerklage hätten hier denselben Gegenstand betroffen. Es liegen verschiedene Gegenstände zugrunde. Die Berufung richtet sich gegen die Abweisung der Klage, während sich die Anschlussberufung gegen stattgegebene Unterhaltsbeträge richtete.
Im Ergebnis ist die Bewertung des Gerichts jedoch zutreffend, weil nach § 47 Abs. 2 S. 2 GKG der Wert des Rechtsmittelverfahrens nicht höher sein kann als der des erstinstanzlichen Verfahrens, und der betrug nun einmal nur 9.140,00 EUR.
Norbert Schneider