RVG §§ 45, 48 Abs. 3

Leitsatz

Die Erstreckung der Beiordnung eines Rechtsanwalts in einer Ehesache auf den Abschluss eines Vergleichs in bestimmten Folgesachen nach § 48 Abs. 3 S. 1 RVG kann auch dazu führen, dass dem Rechtsanwalt aus der Staatskasse eine Terminsgebühr zu erstatten ist.

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.4.2008–6 WF 19/08

1 Sachverhalt

In dem zugrunde liegenden Scheidungsverfahren war Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Zwei Tage zuvor hat die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners eine Scheidungsfolgenvereinbarung eingereicht und mitgeteilt, dass diese protokolliert werden solle. In dem Verhandlungstermin hat das FamG dem Antragsgegner Prozesskostenhilfe, "ausgedehnt auf den Vergleich", mit Ratenanordnung bewilligt und ihm seine Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet. Zudem haben die Parteien über den Vergleich verhandelt und ihn in seine endgültige Fassung gebracht; schließlich ist er protokolliert worden. Sodann hat das FamG ein – zwischenzeitlich rechtskräftiges – Scheidungsurteil verkündet, in dem auch der Versorgungsausgleich geregelt worden ist. Außerdem wurden die Streitwerte für die Scheidung auf 7.500,00 EUR, den Versorgungsausgleich auf 2.000,00 EUR und den Vergleich auf 81.000,00 EUR festgesetzt.

Die dem Antragsgegner beigeordnete Rechtsanwältin hat daraufhin die Festsetzung ihrer Vergütung gegen die Landeskasse beantragt. Darin enthalten war auch eine 1,2-Terminsgebühr aus einem Gegenstandswert von 90.500,00 EUR. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Kosten antragsgemäß festgesetzt. Hiergegen hat die Landeskasse Erinnerung eingelegt mit dem Ziel, die zu erstattende Vergütung herabzusetzen. Die Landeskasse hat die Auffassung vertreten, dass die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV nur aus einem Streitwert in Höhe von 9.500,00 EUR erstattungsfähig sei, wohingegen der Gegenstandswert des Vergleichs insoweit nicht berücksichtigt werden könne. Das FamG hat die Erinnerung zurückgewiesen. Die Beschwerde der Landeskasse, mit der sie weiterhin die Herabsetzung der zu erstattenden Vergütung erstrebt, hatte keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen

Die Beschwerde ist unbegründet, weil das FamG zu Recht die 1,2-Terminsgebühr aus einem Streitwert von 90.500,00 EUR zu Recht als erstattungsfähig angesehen hat.

Maßgebend für die aus der Landeskasse nach §§ 45 ff. RVG zu zahlende Vergütung ist allein, in welchem Umfang die Beiordnung erfolgt ist (vgl. Senat NJOZ 2006, 1930 = OLGR 2006, 750). Insofern besteht vorliegend die Besonderheit, dass sich der Umfang der Beiordnung nicht aus dem Beiordnungsbeschluss des FamG ergibt, sondern aus § 48 Abs. 3 S. 1 RVG. Danach erstreckt sich die Beiordnung in einer Ehesache, wie sie hier erfolgt ist, auf den Abschluss eines Vergleichs in bestimmten Folgesachen. Um einen solchen Vergleich handelt es sich vorliegend, da die Parteien den gegenseitigen Unterhalt, die Rechtsverhältnisse am Hausrat und der Ehewohnung sowie Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht geregelt haben.

Für diese Fälle wird die Auffassung vertreten, dass der Begriff "Abschluss eines Vertrags" weit auszulegen sei und nicht nur die Protokollierung einer bereits getroffenen Vereinbarung umfasse, sondern auch Verhandlungen und Erörterungen, die dem Vergleichsabschluss vorausgegangen seien. Begründet wird dies damit, dass eine Einigung über Folgesachen in aller Regel erst nach diesbezüglichen Besprechungen zu erzielen sei, die nach der Vorbem. 3 Abs. 3 VV die Terminsgebühr auslösten. Mit der Erweiterung der Prozesskostenhilfe auch für die Vereinbarung über Folgesachen solle vermieden werden, dass diese gesondert anhängig gemacht werden müssten, um hierfür Prozesskostenhilfe zu erhalten und das Gericht zu zwingen, im Prozesskostenhilfeverfahren die Erfolgsaussichten zu prüfen. Diesem Bestreben würde es zuwiderlaufen, wenn die Prozesskostenhilfe nicht auch die Terminsgebühr erfasste, da diese – in Bezug auf nicht anhängige Folgesachen – sonst von der bedürftigen Partei selbst aufgebracht werden müsste (OLG Stuttgart NJOZ 2008, 2067 = AnwBl 2008, 303; OLG Köln AGS 2007, 547; N. Schneider, AGS 2004, 380; RVGprof. 2006, 60; Volpert, RVG-prof. 2007, 8; vgl. auch OLG Koblenz NJOZ 2006, 3716 = JurBüro 2006, 473). Der Senat schließt sich dem an.

Nachdem unstreitig zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien Besprechungen stattgefunden hatten, die zum Abschluss des Vergleichs geführt haben, ist somit zu Recht eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV, Vorbem. 3 Abs. 3 VV aus dem vollen Streitwert angesetzt worden. Da im Übrigen gegen die hier in Rede stehende Gebührenfestsetzung weitere Einwände nicht erhoben worden sind und insoweit auch keine Bedenken bestehen, erweist sich die Beschwerde der Landeskasse als unbegründet.

3 Anmerkung

Nach zutreffender Auffassung erfasst § 48 Abs. 3 S. 1 RVG auch eine entstandene Terminsgebühr.[1]

Nach dem Gesetz reicht es aus, dass eine Folgenvereinbarung getroffen wird. Die Vereinbarung muss weder vor Gericht geschlossen noch gerichtlich protokolliert worden sein. Nach einem Teil der Rspr.[2] ist dagegen der Abschluss einer ...

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