Eine Frage der Ehre - Teil II
Nach dem II. Zivilsenat hat nun auch ein weiterer Senat des BGH die zwischenzeitlich schon ein wenig angekratzte Ehre unseres höchsten Zivilgerichts wiederhergestellt.
Mit klaren und deutlichen Worten gelangt nunmehr auch der VII. Senat zur Bestätigung der rechtlichen Selbstverständlichkeit, dass § 15a RVG auch alle Altfälle erfasst, die noch nicht rechtskräftig beschieden sind. Der VII. Senat beschäftigt sich dabei sehr eingehend mit den unterschiedlichen, teilweise geradezu skurrilen Entscheidungen und Meinungen, die in den vergangenen Monaten zu einem Gesetzestext veröffentlicht wurden, der eigentlich an Klarheit und Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt.
Besonders erfreulich ist es, dass sich wenigstens dieser Senat noch daran erinnern kann, dass zu BRAGO-Zeiten kein Mensch auf die verrückte Idee gekommen ist, § 118 Abs. 2 BRAGO so zu interpretieren, wie es in der umstrittenen Entscheidung des VIII. Zivilsenats mehr oder weniger deutlich nachzulesen war.
Niemand, wirklich niemand war seinerzeit auf die Idee gekommen, im Kostenfestsetzungsverfahren die damalige Prozessgebühr mit der Begründung abzusetzen, es sei zuvor eine Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO entstanden.
Insoweit ist der Ansatz zu begrüßen, darauf abzustellen, was der Gesetzgeber mit Vorbem. 3 Abs. 4 VV eigentlich erreichen wollte und was nicht.
Den Entscheidungsgründen lässt sich entnehmen, dass die entsprechende Gesetzesbegründung zur Einführung des RVG ebenso sorgfältig studiert wurde wie die Gesetzesbegründung zu § 15a RVG. Eine Selbstverständlichkeit ist dies heutzutage - leider - nicht mehr.
Wenn sich Richter allerdings die Mühe machen, auch einmal in die Gesetzesbegründung hineinzuschauen, kommt man - die Entscheidung des VII. Senats beweist es - auch zu zutreffenden Ergebnissen.
Unter Berücksichtigung der zahlreichen zwischenzeitlich ergangenen Fehlentscheidungen einschließlich der Bemerkung des X. Senats konnte man den Eindruck gewinnen, § 15a RVG sei gewissermaßen ein neuer Elch-Test für deutsche Gerichte.
Die Schleuderei hat nun hoffentlich endlich ein Ende, nachdem sich mit den Entscheidungen vom 2.9.2009 und vom 9.12.2009 zwei Stabilisatoren gefunden haben, deren Einbau nun hoffentlich das Problem endgültig gelöst hat.
Wenn die anderen Senate, die möglicherweise in Zukunft mit dieser Jahrhundertfrage noch beschäftigt werden, die Kraft finden, auf ihre klugen Kollegen aus dem II. und VII. Senat zu hören, wird es dem Großen Senat dann wohl in der Tat erspart bleiben, sich auch noch mit der spannenden Frage zu beschäftigen, ob, wann und in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren Berücksichtigung finden muss.
Wer noch Zweifel hat, mag sich entsprechend den Entscheidungsgründen des VII. Senats an dem alten Juristensatz orientieren:
Der Blick ins Gesetz (und in die Gesetzesbegründung) erleichtert die Rechtsfindung.