RVG VV Nrn. 1008, 2400, Anm. zu Nr. 2400
Leitsatz
Bei Betragsrahmengebühren im Sozialrecht (Nrn. 2400 ff. VV) erfasst die Erhöhung nach Nr. 1008 VV bei mehreren Mandanten nicht nur den Mindest- und den Höchstbetrag, sondern auch die Schwellengebühr.
SG Aachen, Beschl. v. 12.10.2009 – S 14 AS 114/09
Sachverhalt
Die Kläger zu 1) und 2) verlangen von der Beklagten Erstattung der Kosten eines von den Klägern zu 1) bis 5) geführten Widerspruchsverfahrens gegen die Beklagte. Nachdem die Beklagte dem Widerspruch der Kläger abgeholfen hatte, meldeten die Kläger die ihnen von der Beklagten zu erstattenden Kosten an. Dabei machten sie eine Geschäftsgebühr (Nr. 2400 VV) mit 120prozentiger Erhöhung (Nr. 1008 VV) in Höhe von 528,00 EUR geltend.
Die Beklagte erkannte einen Betrag von insgesamt 309,40 EUR an und erstattete diesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Geschäftsgebühr sei nur in einer Höhe von 240,00 EUR entstanden, da es sich um einen von Schwierigkeit und Umfang her nur durchschnittlichen Fall gehandelt habe. Dann gelte aber die Kappungsgrenze aus Nr. 2400 VV in Höhe von 240,00 EUR, so dass eine höhere Geschäftsgebühr nicht gefordert werden könne. Dagegen haben die Kläger durch ihren Bevollmächtigten Widerspruch eingelegt, der zurückgewiesen wurde.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Kläger tragen vor, das Widerspruchsverfahren sei von den Klägern zu 1) bis 5) geführt worden. Sowohl der Rahmen der Geschäftsgebühr gem. Nr. 2400 VV, als auch die darin vorgesehene Kappungsgrenze erhöhten sich dementsprechend gem. Nr. 1008 VV wegen Mehrfachvertretung um 4 x 30 Prozent, insgesamt also um 120 Prozent auf 528,00 EUR.
Die Beklagte trägt vor, eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über 240,00 EUR komme trotz der Vertretung mehrerer Auftraggeber wegen der in Nr. 2400 VV vorgesehenen Kappungsgrenze nicht in Betracht, da die Sache weder schwierig noch umfangreich gewesen sei. Die Beklagte verweist insoweit auf die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg v. 22.10.2008 – L 3 AS 2648/08, AGS 2009, 73.
Die Klage hatte Erfolg
Aus den Gründen
Die vorgenommene Erhöhung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV um 120 Prozent ist nicht zu beanstanden.
a) Für die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Kläger im Widerspruchsverfahren ist eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV entstanden. Nach dieser Regelung beträgt der Betragsrahmen für die Geschäftsgebühr 40,00 EUR bis 520,00 EUR. Mindest- und Höchstbetrag der Betragsrahmengebühr erhöhen sich aber gem. Nr. 1008 VV, wenn Auftraggeber in derselben Sache mehrere Personen sind. Zwar erhält der Rechtsanwalt, der in einer Angelegenheit mehrere Personen vertritt, gem. § 7 Abs. 1 RVG die Gebühren nur einmal, für jede weitere Person wird der Betragsrahmen aber gem. Nr. 1008 VV um 30 Prozent erhöht. Nach Anm. Abs. 3 zu Nr. 1008 VV dürfen mehrere Erhöhungen dabei das Doppelte des Mindest- und Höchstbetrags nicht übersteigen.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat mehrere Auftraggeber in derselben Sache vertreten. Auftraggeber i.S.d. § 7 Abs. 1 RVG ist derjenige, in dessen Angelegenheit der Rechtsanwalt tätig wird (vgl. Hartmann, KostG, 38. Aufl. 2008, § 7 Rn 4, 8; LSG NRW, Urt. v. 28.7.2008 – L 19 AS 24/08 [= AGS 2008, 550]; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29.11.2007 – L 8 AS 39/06 [= AGS 2008, 286]). Die Kläger haben im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid höhere Kosten der Unterkunft als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft und damit jeweils eigene Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Damit waren auch die minderjährigen Kinder der Kläger zu 1) und 2), die Kläger zu 3) bis 5), jeweils gesetzlich vertreten durch die Kläger zu 1) und 2), selbstständige Auftraggeber des Prozessbevollmächtigten in derselben Sache. Der Betragsrahmen hat sich daher vorliegend bei vier weiteren Auftraggebern nach den oben genannten Grundsätzen gem. Nr. 1008 VV um (4 x 30 Prozent =) 120 Prozent erhöht und liegt zwischen 88,00 EUR und 1.144,00 EUR.
Diese Erhöhung ist in Bezug auf alle vier weiteren Kläger zu berücksichtigen, dementsprechend ist eine Erhöhung des Betragsrahmens um 120 Prozent vorzunehmen. Nach dem Wortlaut der Anm. Abs. 3 zu Nr. 1008 VV dürfen nämlich die Erhöhungen das Doppelte der des Mindest- und Höchstsatzes nicht übersteigen. Das bedeutet gerade nicht, dass der erhöhte Mindest- und Höchstsatz nicht das Doppelte des Mindest- und Höchstsatzes übersteigen darf (vgl. insoweit BT-Drucks 15/1971 S. 205; vgl. auch Gerold/Schmidt/von Eicken, RVG, 18. Aufl. 2008, VV 1008 Rn 19). Durch Anm. Abs. 3 zu Nr. 1008 VV wird der Betragsrahmen also auf eine maximale Spanne zwischen 120,00 EUR und 1.560,00 EUR begrenzt. Einer anderen Auslegung, die von einem maximalen Betragsrahmen von 80,00 EUR bis 1.040,00 EUR ausgeht und damit eine Erhöhung bis auf das Doppelte des vorgesehenen Betragsrahmens vornimmt, vermag sich die Kammer angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts der Anm. Abs. 3 zu Nr. 1008 VV nicht anzuschließen (so aber SG Karlsruhe, Urt. v. 28.7.2009 – S 15 AS 1493/08 [= AGS 2009, 488]).
Innerhalb dieses Rahmens bestimmt der Re...