GKG § 34; GKG-KostVerz. Nrn. 1410, 1411
Leitsatz
- Wird der Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung zurückgenommen, kommt es nicht zu einer Gebührenermäßigung von 1,5 auf 1,0.
- Ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers liegt nicht (mehr) vor.
OLG Köln, Beschl. v. 7.9.2009–17 W 199/09
Sachverhalt
Auf Antrag der Antragsteller erließ das LG eine einstweilige Verfügung und legte dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens auf. Hiergegen legte dieser Widerspruch ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung schlossen die Parteien einen Vergleich, auf den hin der Antragsgegner seinen Widerspruch zurücknahm. Die Kosten wurden gegeneinander aufgehoben.
Mit Kostenrechnung stellte die Gerichtskasse den Parteien jeweils 1.092,00 EUR in Rechnung, d.h. je die Hälfte der 1,5-Gebühr nach Nr. 1410 GKG-KostVerz.
Mit seiner Erinnerung gegen den Kostenansatz erstrebt der Antragsgegner Herabsetzung auf eine 1,0-Gebühr nach Nr. 1411 Nr. GKG-KostVerz. unter Hinweis darauf, dass er den Widerspruch zurück genommen habe. Dieser Tatbestand stehe dem in der angeführten Nr. geregelten Fall gleich.
Das LG hat die Erinnerung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Ermäßigung scheide nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes aus, weil der Rücknahme des Widerspruches ein Beschluss nach §§ 922, 936 ZPO vorausgegangen war.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seinem Rechtsmittel, dem das LG nicht abgeholfen und die Sache deshalb dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen
Zu Recht und mit in jeglicher Hinsicht zutreffender Begründung hat das LG dem Begehren des Antragsgegners nicht entsprochen. Lediglich ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
1. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut kommt eine Ermäßigung der 1,5 Gebühr nach Nr. 1410 GKG-KostVerz. auf 1,0 nach Nr. 1411 GKG-KostVerz. nur in Betracht, wenn einer der dort in Nrn. 1 bis 4 angeführten Ermäßigungstatbestände vorliegt und dies zur Beendigung des gesamten Verfahrens führt, "es sei denn", dass bereits ein Beschluss nach § 922 Abs. 1 ZPO, auch i.V.m. § 936 ZPO... vorausgegangen ist. Ratio der Regelung ist es, dass dann, wenn dem Gericht Arbeit erspart wird, dies dadurch honoriert wird, dass eine Ermäßigung der Gerichtsgebühr erfolgt. Ist jedoch zuvor bereits eine Entscheidung des Gerichts nach §§ 922 Abs. 1, 936 ZPO oder ein anderes der in Nr. 2 genannten Urteile ergangen, so ist für eine Ermäßigung kein Raum mehr.
So liegt der Fall hier. Denn auf Antrag der Antragsteller hatte das LG zuvor bereits eine einstweilige Verfügung erlassen, so dass die Zurücknahme des Widerspruchs keinen Ermäßigungstatbestand mehr auslösen konnte.
2. Zudem ist nach Ansicht des Senats (ebenso: Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 922 Rn 20; Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG-JVEG, Nr. 1411 GKG-KostVerz. Rn 5) die Zurücknahme des Widerspruchs gegen eine einstweilige Verfügung als Ermäßigungstatbestand in Nr. 1411 GKG-KostVerz. ohnehin nicht geregelt. Die Gegenansicht (OLG Hamburg MDR 2005, 418; OLG Koblenz MDR 1996, 425 [= AGS 1996, 41]; OLG München NJW-RR 1998, 936 [= AGS 1998, 64]; Hartmann, KostG, 39. Aufl., Nr. 1411 GKG-KostVerz. Rn 1; Meyer, GKG, 10. Aufl., Nr. 1411 GKG-KostVerz., Rn 106; Seuetmann, MDR 1996, 555, 559), die auf diesen Fall Nr. 1411 GKG-KostVerz. analog anwenden will, da ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers vorliege, ist jedenfalls mittlerweile nicht mehr haltbar. Wenn es auch richtig ist, dass es das Ziel des Kostenrechtsänderungsgesetzes von 1994 (BT-Drucks 1994, 12/6962, 69 f.) war, zur Entlastung der Justiz Anreize zu einer gütlichen Streitbeilegung zu schaffen, so hat sich der Gesetzgeber trotz der angeführten Entscheidungen der OLG Koblenz und München sowie der kritischen Stimmen in der Lit. dahingehend, eine Ermäßigung sei auch bei Rücknahme eines Widerspruches vorzunehmen, nicht veranlasst gesehen, die Vorschrift anlässlich des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 5.5.2004 (BGBl 718) entsprechend zu erweitern. Hiernach kann für eine ausdehnende Anwendung von Nr. 1411 GKG-KostVerz. das Vorliegen eines Redaktionsversehens des Gesetzgebers jedenfalls nicht (mehr) zur Begründung angeführt werden. Gesetzgeber wäre befugt und berufen, durch eine Gesetzesänderung den hier vorliegenden Sachverhalt in den Katalog der Ermäßigungstatbestände aufzunehmen.
3. Aus den vorstehend dargestellten Gründen kommt eine Ermäßigung der Gerichtsgebühr von 1,5 auf 1,0 auch nicht deswegen in Betracht, weil die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich beendet haben, Nr. 1411 Nr. 1 GKG-KostVerz. Dem steht die vorausgegangene einstweilige Verfügung entgegen.