FamFG § 78 Abs. 3, Abs. 4
Leitsatz
- Betraut der von Verfahrenskostenhilfe Begünstigte einen nicht bezirksniedergelassen Verfahrensbevollmächtigten und verzichtet zugleich auf die Hinzuziehung eines Verkehrsanwalts, dessen Kosten zu erstatten wären, so ist die Mehrkostengrenze erst dann überschritten, wenn der Verfahrensbevollmächtigte so weit außerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassen ist, dass die dadurch entstehenden, im Vergleich zu einem bezirksansässigen Anwalt zusätzlichen Reisekosten noch höher ausfallen als die Kosten eines Verkehrsanwalts. Darauf ist die Erstattungsfähigkeit zu begrenzen.
- Nur die Reisekosten des beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten, die über die Reisekosten eines bezirksansässigen Anwalts und über die Kosten eines Verkehrsanwalts hinausgehen, sind Mehrkosten, die bei Beratungsbedarf in einem persönlichen Gespräch durch einen Verkehrsanwalt hätten vermieden werden können.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.12.2018 – 13 WF 228/18
1 Aus den Gründen
Das FamG hat dem Antragsteller in einem Verfahren zur Regelung des Umgangs Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihm seine an seinem Wohnsitz in Bremen niedergelassene Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet. Diese Beiordnung hat es mit der Einschränkung versehen, Mehrkosten, die dadurch entstünden, dass die Anwältin "ihren Sitz nicht am Ort des Verfahrensgerichts" habe, seien nur bis zur Höhe der Kosten eines Verkehrsanwalts erstattungsfähig.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen diese Beschränkung. Er wolle in der schwierigen Kindschaftssache von der Anwältin seines Vertrauens vertreten werden, deren Reisekosten aber durch die Verkehrsanwaltskosten nicht gedeckt würden.
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
Eine Beschränkung der an die beigeordneten Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers zu erstattenden Kosten ist gerechtfertigt. Aber diese Beschränkung darf nicht das Ausmaß erreichen, das der angefochtene Beschluss vorsieht (vgl. den Beschl. d. Senats v. 7.3.2017 – 13 WF 56/17, FamRZ 2017, 1594 = MDR 2017, 791 [= AGS 2017, 234]).
Dem nicht im Bezirk des befassten Gerichts niedergelassenen beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten sind die Kosten bis zu der Höhe zu erstatten, die auch bei Beiordnung eines bezirksansässigen Rechtsanwalts entstanden wären. Das Verbot, durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts weitere Kosten entstehen zu lassen (§ 78 Abs. 3 FamFG), regelt als Höchstgrenze der zu erstattenden Kosten diejenigen Kosten, die ein wirtschaftlich vernünftig vorgehender Beteiligter entstehen ließe. Höhere Kosten brauchen aus der Staatskasse nicht erstattet zu werden, um dem Zweck der Verfahrenskostenhilfe gerecht zu werden, nämlich dem bedürftigen Beteiligten eine gleichermaßen fachkundige Vertretung seiner Interessen im Verfahren zu verschaffen wie dem bemittelten Beteiligten.
Die Kosten der Verfahrensführung für einen außerhalb des Gerichtsbezirks wohnenden Beteiligten sind nicht in jedem Falle auf die Kosten eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwalts begrenzt. Die Beschränkung, die in die Beiordnung zu übertragen wäre, besteht nur, wenn neben dem bezirksansässigen Verfahrensbevollmächtigten die Hinzuziehung eines weiteren Anwalts, des Verkehrsanwalts, nicht erforderlich ist (BGH NJW 2004, 2749, 2750 [= AGS 2004, 349]). Sind dem Beteiligten die Kosten eines Verkehrsanwalts zu erstatten (§ 78 Abs. 4 FamFG), dann kann er unter gleichen Voraussetzungen die Mehrkosten bis zur gleichen Höhe erstattet verlangen, die ausgelöst werden, wenn er einen nicht bezirksniedergelassen Verfahrensbevollmächtigten mit der Sache betraut und zugleich auf die Hinzuziehung eines Verkehrsanwalts verzichtet, weil der Verfahrensbevollmächtigte zu persönlichen Besprechungen mit zumutbarem Aufwand erreichbar ist (vgl. Musielak/Voit-Fischer, ZPO, 15. Aufl., 2018, § 121 Rn 18 c). Die Mehrkostengrenze des § 78 Abs. 3 FamFG ist dann erst überschritten, wenn der Verfahrensbevollmächtigte so weit außerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassen ist, dass die dadurch entstehenden, im Vergleich zu einem bezirksansässigen Anwalt zusätzlichen Reisekosten noch höher ausfallen als die Kosten eines Verkehrsanwalts. Darauf ist die Erstattungsfähigkeit zu begrenzen.
Der Antragsteller darf die Befassung eines Anwalts für erforderlich halten, mit dem er die Sache persönlich besprechen kann. Neben einem bezirksansässigen Verfahrensbevollmächtigten hätte ihm ein Verkehrsanwalt beigeordnet werden müssen (§ 78 Abs. 4 FamFG). In einer Umgangssache ist eine persönliche anwaltliche Beratung über den Verfahrensverlauf, über die möglichen Regelungsvarianten und über den Inhalt eines etwaigen Sachverständigengutachtens und seinen Einfluss auf das Verfahrensergebnis erforderlich. Ob für einen juristisch fachkundigen Beteiligten eine Ausnahme gelten muss, braucht hier nicht erwogen zu werden. Der Antragsteller ist juristischer Laie. Er durfte sich einerseits auf mehrere persönliche Gespräche mit seiner Anwältin angewiesen fühlen, brauchte aber andererseits nicht ...