RVG §§ 15, 16; RVG VV Nr. 3335; ZPO § 120
Leitsatz
Die Tätigkeit des beigeordneten Rechtsanwalts im Verfahren auf Überprüfung, ob sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten geändert haben, ist keine gesondert zu vergütende neue Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG.
LSG Schleswig, Beschl. v. 3.12.2018 – L 5 SF 92/18 B E
1 Sachverhalt
Der Erinnerungsführer war der Klägerin in dem Klageverfahren vor dem SG im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden. Das Verfahren endete durch Klagerücknahme gem. § 102 Abs. 2 SGG. Hierauf ist aufgrund des Beschlusses der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 3.12.2012 die Vergütung für den beigeordneten Anwalt auf 226,10 EUR festgesetzt und ausgezahlt worden.
Im Rahmen des in 2015 durchgeführten PKH-Überprüfungsverfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO a.F. wurde der Kläger über den Erinnerungsführer um Auskunft zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin gebeten. Ohne hierauf näher einzugehen, beantragte der Erinnerungsführer daraufhin eine Vergütung i.H.v. 285,60 EUR. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle lehnte dies ab, weil es sich bei dem Überprüfungsverfahren um dieselbe Angelegenheit wie in dem Verfahren über die Prozesskostenhilfe handele und die weitere Tätigkeit des Anwalts auch keine neue Angelegenheit entsprechend § 15 Abs. 5 RVG darstelle. Hiergegen hat der Erinnerungsführer Erinnerung mit der Begründung eingelegt, dass § 15 Abs. 5 RVG gerade für diesen Fall geschaffen worden sei. Der Kostenprüfungsbeamte bei dem LSG hat sich der Auffassung der Urkundsbeamtin angeschlossen.
Das SG hat die Erinnerung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Das Verfahren über die PKH sei im Siebenten Titel des Zweiten Abschnitts des Ersten Buches der ZPO in den §§ 114 bis 127a geregelt und umfasse daher auch das PKH-Überprüfungsverfahren i.S.d. § 120 Abs. 4 ZPO a.F. Damit komme ein weiterer Vergütungsanspruch nicht in Betracht. Ein solcher ergebe sich auch nicht aus § 15 Abs. 5 RVG. Denn Angelegenheit im Sinne dieser Vorschrift sei vorliegend gem. § 16 Abs. 1 Nr. 2 und 3 RVG das gesamte PKH-Verfahren. Dies ende nicht mit der Bewilligung der PKH, sondern schließe das Überprüfungsverfahren mit ein.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Erinnerungsführers, die keinen Erfolg hatte.
2 Aus den Gründen
Zu Recht hat das SG die beantragte Vergütungsfestsetzung abgelehnt, weil die Tätigkeit des Erinnerungsführers im PKH-Überprüfungsverfahren bereits durch die im Dezember 2012 bewilligte Vergütung abgegolten ist.
Nach § 15 Abs. 2 RVG kann ein Rechtsanwalt Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. § 16 Nr. 2 RVG bestimmt für Verfahren über die Prozesskostenhilfe und das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, dass es sich um dieselbe Angelegenheit handelt, wenn der Rechtsanwalt, wie hier, auch im Hauptsacheverfahren mandatiert war. Zum Prozesskostenhilfeverfahren zählt auch das Verfahren auf Abänderung oder Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe (Hartmann, KostG, § 16 RVG Rn 4). Dass das PKH-Überprüfungsverfahren zum selben Rechtszug wie das Ausgangsverfahren gehört, hat der BGH ebenfalls entschieden (Beschl. v. 8.12.2010 – XII ZB 38/09).
Zutreffend hat das SG auch einen Vergütungsanspruch aus § 15 Abs. 5 RVG verneint. Nach S. 1 dieser Vorschrift erhält ein Rechtsanwalt, der beauftragt wird, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, nachdem er in der Angelegenheit bereits tätig geworden ist, nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Nach § 15 Abs. 5 S. 2 RVG gilt aber die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit, wenn der frühere Auftrag seit mehr als 2 Kalenderjahren erledigt ist. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift sind jedoch vorliegend nicht erfüllt.
Zum einen fehlt es bereits an einer neuen, bzw. erweiterten Auftragserteilung durch die Klägerin des Hauptsacheverfahrens, da die Tätigkeit im Überprüfungsverfahren noch zum Ausgangsverfahren, wie ausgeführt, gehört. Eine nochmalige ausdrückliche Auftragserteilung ist offensichtlich auch nicht erfolgt, da der Erinnerungsführer, wie er dem SG mitgeteilt hat, keinen Kontakt mehr zur Klägerin hat. Zudem ist der frühere Auftrag auch nicht erledigt i.S.d. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG, da zum Auftrag die Abwicklung des Abänderungs- und Überprüfungsverfahrens nach § 120 ZPO a.F. bzw. jetzt §§ 120a und 124 ZPO gehört. Dies entspricht der weit überwiegenden Rspr. (vgl. etwa OLG Nürnberg, Beschl. v. 27.8.2018 – 10 WF 973/18 [= AGS 2018, 447]; OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.10.2016 – 2 WF 237/16 [= AGS 2017, 376]), der sich der Senat anschließt. Umfasst das PKH-Verfahren nämlich nicht nur das Verfahren bis zur Entscheidung über den Antrag auf PKH, sondern auch das sich anschließende Verfahren zur Überprüfung der Bewilligung gem. § 120 Abs. 4 ZPO a.F., fehlt es an der nach § 15 Abs. 5 S. 2 1. Hs. notwendigen Erledigung des früheren Auftrags, die nämlich keineswegs mit Abschluss des Hauptsacheverfahrens eintritt, sond...