Eine vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung kommt in Betracht, wenn kein Insolvenzgläubiger Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet hat. In diesem Fall kann bereits im sog. Schlusstermin (§ 197 InsO) auf Antrag des Schuldners die Restschuldbefreiung erteilt werden.
2.1.1.1 Rechtsanwalt hat Vertretungsvollmacht für Insolvenzverfahren
Der Rechtsanwalt, der für das Insolvenzverfahren beauftragt wurde und auftragsgemäß einen Antrag nach § 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 InsO stellt, befindet sich verfahrensrechtlich im Insolvenzverfahren. Dieses beginnt mit der Eröffnung und endet u.a. mit dessen Aufhebung bzw. Einstellung (vgl. III. 6.). Somit ist der Vergütungstatbestand nach Nr. 3317 VV erfüllt und der Anwalt kann eine pauschale 1,0-Verfahrensgebühr berechnen. Damit ist dann auch die Tätigkeit im Verfahren der vorzeitigen Restschuldbefreiung mit abgegolten, sodass dafür keine gesonderte Gebühr mehr berechnet werden kann.
Eine Vergütung für die Vertretung eines Insolvenzgläubigers scheidet bei dieser Alternative aus. Dies deshalb, weil ja gerade bei der Alternative nach des § 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 InsO kein Insolvenzgläubiger eine Forderung angemeldet und somit am gerichtlichen Verfahren auch nicht teilgenommen hat (vgl. auch § 300 Abs. 3 InsO). Insofern kann das Insolvenzgericht auch keine Anhörung der Insolvenzgläubiger nach § 300 Abs. 1 S. 1, 3 InsO vornehmen.
Zur Ermittlung des Wertes der Insolvenzmasse als Grundlage der Gebührenberechnung ist auf den Zeitpunkt der Aufhebung/Einstellung abzustellen (vgl. Nr. III. 6.). Diesbezüglich kann der Rechtsanwalt Einsicht in die Insolvenzakte nehmen. Denn dort befindet sich der vom Insolvenzverwalter eingereichte Schlussbericht und dessen Vergütungsantrag, der sich ebenfalls nach dem Wert der Insolvenzmasse bestimmt.
Beispiel 1: Rechtsanwalt wird vom Schuldner für Insolvenzverfahren beauftragt
Rechtsanwalt R wird im Insolvenzverfahren beauftragt und beantragt im Schlusstermin für den Insolvenzschuldner die vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung, weil keine Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet wurden. Die Insolvenzmasse beträgt nach Mitteilung des Insolvenzverwalters in seinem Schlussbericht 20.000,00 EUR.
R kann im Verfahren auf vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung keine weitere Vergütung mehr beanspruchen. Diese Tätigkeit wird mit der 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3317 VV mit abgegolten.
R kann wie folgt abrechnen:
1. |
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3317 VV |
742,00 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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(§ 28 Abs. 1 RVG, § 35 Abs. 1 InsO) |
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2. |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
144,78 EUR |
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Gesamt |
906,78 EUR |
2.1.1.2 Rechtsanwalt hat lediglich Einzelauftrag
Hat der Rechtsanwalt ausschließlich den Auftrag, einen Antrag auf vorzeitige Restschuldbefreiung zu stellen, so kann er hierfür eine 0,8-Verfahrengebühr nach Nr. 3403 VV beanspruchen. Der Wert bemisst sich ebenfalls nach dem Wert der Insolvenzmasse (§ 28 Abs. 1 RVG analog).
Beispiel 2: Rechtsanwalt erhält Einzelauftrag vom Schuldner
Rechtsanwalt R wird im eröffneten Insolvenzverfahren vom Insolvenzschuldner nur damit beauftragt, die vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung zu beantragen, weil keine Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet wurden. Die Insolvenzmasse beträgt nach Mitteilung des Insolvenzverwalters in seinem Schlussbericht 20.000,00 EUR.
R kann wie folgt abrechnen:
1. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3403 VV |
593,60 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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|
(§ 28 Abs. 1 RVG analog) |
|
2. |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
116,58 EUR |
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Gesamt |
730,18 EUR |