Der Insolvenzschuldner kann nach Ablauf von 3 Jahren seit Verfahrenseröffnung die Erteilung der Restschuldbefreiung beantragen, wenn die Verfahrenskosten gedeckt sind und den Tabellengläubigern eine (Mindest-)Quote von 35 % auf ihre Forderungen zufließen wird. Die Berechnung der Befriedigungsquote geht dabei von den Forderungen aus, die in das sog. Schlussverzeichnis (§ 197 Abs. 1 InsO) aufgenommen worden sind.
3.1 Vergütungsrechtliche Auswirkungen
Im Hinblick auf die Rechtsanwaltsvergütung ist jedoch wie folgt zu unterschieden:
3.1.1 Zahlung im eröffneten Insolvenzverfahren
3.1.1.1 Rechtsanwalt hat Vertretungsvollmacht für Insolvenzverfahren: Antrag auf vorzeitige Restschuldbefreiung
Hatte der Rechtsanwalt für das Insolvenzverfahren bereits vollumfänglich Vertretungsvollmacht und wird die Mindestquote von 35 % vor Beendigung des Insolvenzverfahrens gezahlt, und stellt der Rechtsanwalt des Insolvenzschuldners daraufhin einen Antrag auf vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung, so entsteht sowohl für den Rechtsanwalt des Insolvenzschuldners als auch für den Rechtsanwalt eines beteiligten Insolvenzgläubigers lediglich die 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3317 VV. Das Verfahren über den Antrag auf Erteilung der vorzeitigen Restschuldbefreiung ist damit abgegolten und ist daher nicht gesondert zu vergüten.
Der Wert bestimmt sich nach der Insolvenzmasse bei Vertretung des Schuldners (§ 28 Abs. 1 RVG, § 35 Abs. 1 InsO) und nach dem Nennwert der Forderung bei Vertretung eines Insolvenzgläubigers (§ 28 Abs. 2 RVG).
Beispiel 9: Zahlung Mindestquote: Vertretung des Insolvenzschuldners
Über das Vermögen des Schuldners wurde am 17.1.2017 das Insolvenzverfahren eröffnet. R wird mit der Vertretung des Schuldners im Insolvenzverfahren beauftragt. Insgesamt wurden Forderungen von 70.000,00 EUR zur Insolvenztabelle festgestellt. Im Laufe des Insolvenzverfahrens werden verschiedene Anfechtungsprozesse geführt. Hierdurch ergibt sich eine Insolvenzmasse von 30.000,00 EUR. Zudem wurden vom Arbeitgeber des Schuldners an den Insolvenzverwalter insgesamt pfändbare Beträge i.H.v. 16.000,00 EUR abgeführt.
Die gesamte Insolvenzmasse beträgt 46.000,00 EUR. An Verfahrenskosten sind insgesamt 5.000,00 EUR entstanden. Da neben den Verfahrenskosten von 5.000,00 EUR auch 35 % der Tabellenforderungen (= 24.500,00 EUR) gezahlt werden können, beantragt R am 9.1.2020 für den Insolvenzschuldner die vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung.
R kann im Verfahren auf vorzeitige Erteilung des Restschuldbefreiung keine weitere Vergütung mehr beanspruchen. Diese Tätigkeit wird mit der 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3317 VV mit abgegolten.
R kann wie folgt abrechnen:
1. |
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3317 VV |
1.163,00 EUR |
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(Wert: 46.000,00 EUR) |
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|
(§ 28 Abs. 1 RVG, § 35 Abs. 1 InsO) |
|
2. |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
224,77 EUR |
|
Gesamt |
1.407,77 EUR |
Beispiel 10: Zahlung Mindestquote: Vertretung des Insolvenzgläubigers
Wie Beispiel 9; R vertritt einen Insolvenzgläubiger im Insolvenzverfahren und wird im Anhörungsverfahren auf vorzeitige Restschuldbefreiung des Schuldners aufgefordert dazu Stellung zu nehmen. Die zur Tabelle angemeldete Forderung des Insolvenzgläubigers beträgt 5.000,00 EUR.
R kann im Verfahren auf vorzeitige Erteilung des Restschuldbefreiung keine weitere Vergütung mehr beanspruchen. Diese Tätigkeit wird mit der 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3317 VV mit abgegolten.
R kann wie folgt abrechnen:
1. |
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3317 VV |
303,00 EUR |
|
(Wert: 5.000,00 EUR) |
|
|
(§ 28 Abs. 2 RVG) |
|
2. |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
61,37 EUR |
|
Gesamt |
384,37 EUR |
3.1.1.2 Rechtsanwalt hat Einzelauftrag: Antrag auf vorzeitige Restschuldbefreiung
Hat der Rechtsanwalt ausschließlich den Auftrag, im Verfahren über einen Antrag auf vorzeitige Restschuldbefreiung tätig zu werden bzw. vertritt er einen Insolvenzgläubiger lediglich in einem solchen Verfahren, so kann er hierfür eine 0,8-Verfahrengebühr nach Nr. 3403 VV beanspruchen. Der Wert bemisst sich bei Vertretung des Schuldners nach dem Wert der Insolvenzmasse (§ 28 Abs. 1 RVG analog), bei Vertretung des Insolvenzgläubigers nach dem Nennwert der Forderung (§ 28 Abs. 2 RVG analog).
Beispiel 11: Zahlung Mindestquote: Einzelauftrag durch Insolvenzschuldner
Wie Beispiel 9. R erhält vom Schuldner einen Einzelauftrag zur Beantragung der vorzeitigen Restschuldbefreiung.
R kann wie folgt abrechnen:
1. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3403 VV |
930,40 EUR |
|
(Wert: 46.000,00 EUR) |
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|
(§ 28 Abs. 1 RVG analog, § 35 Abs. 1 InsO) |
|
2. |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
180,57 EUR |
|
Gesamt |
1.130,97 EUR |
Beispiel 12: Zahlung Mindestquote: Einzelauftrag durch Insolvenzgläubiger
Wie Beispiel 9. R erhält vom Insolvenzgläubiger einen Einzelauftrag zur Abgabe einer Stellungnahme im Verfahren der vorzeitigen Restschuldbefreiung.
R kann wie folgt abrechnen:
1. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3403 VV |
242,40 EUR |
|
(Wert: 5.000,00 EUR) |
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|
(§ 28 Abs. 2 RVG analog) |
|
2. |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
49,85 EUR |
|
Gesamt |
312,25 EUR |
3.1.2 Zahlung in der Wohlverhaltensphase
Zahlt der Schuldner erst nach Aufhebung bzw. Einstellung des Insolvenzverfahrens d.h. in der Wohlverhaltensphase die erforder...