Dieser Vergütungstatbestand ist anwendbar, wenn der Rechtsanwalt entweder vom Insolvenzschuldner oder einem Insolvenzgläubiger – nicht von einem Dritten (z.B. Masse-, Absonderungsgläubiger) für das Insolvenzverfahren mit der Vertretung beauftragt wurde und das Verfahren noch nicht beendet ist.
Das Insolvenzverfahren beginnt mit dem Wirksamwerden des Eröffnungsbeschlusses, also mit der Herausgabe aus dem internen Bereich des Gerichts. Es endet u.a. mit der Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses (vgl. § 34 InsO), der Einstellung des Verfahrens mangels Masse (vgl. § 207 InsO), wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (vgl. § 212 InsO), mit Zustimmung aller Gläubiger (vgl. § 213 InsO), durch Aufhebungsbeschluss nach Durchführung der Schlussverteilung (vgl. § 200 InsO) oder Bestätigung des Insolvenzplans (vgl. §§ 248 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO). Der Rechtsanwalt erhält für alle von ihm im Rahmen eines solchen Verfahrens ausgeübten Tätigkeiten eine 1,0-Verfahrensgebühr. Von der Gebühr erfasst werden sämtliche Tätigkeiten innerhalb des eröffneten Insolvenzverfahrens somit daher auch Tätigkeiten im Verfahren auf Erteilung der vorzeitigen Restschuldbefreiung.
Dem Anwalt steht die Gebühr auch dann zu, wenn er nur eine einzelne Tätigkeit im Insolvenzverfahren ausübt, es sei denn, diese einzelne Tätigkeit besteht in der Anmeldung einer Insolvenzforderung. Die bloße Anmeldung einer Insolvenzforderung ist nämlich in Nr. 3320 VV gesondert geregelt.
Ohne Bedeutung für die Höhe der Gebühr ist es, ob der Anwalt den Gläubiger oder den Schuldner vertritt. Allerdings ist der Gegenstandswert insoweit unterschiedlich geregelt:
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bei Vertretung des Schuldners bemisst sich die Gebühr nach dem Wert der Insolvenzmasse (§ 28 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 58 GKG). Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens. Die Insolvenzmasse umfasst gem. § 35 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens noch erlangt, also auch den Neuerwerb, einschließlich der Früchte, Nutzungen und Zinsen. Nicht zur Insolvenzmasse gehören diejenigen Gegenstände, die in § 36 InsO als unpfändbar bezeichnet werden, sowie solche, an denen ein Aussonderungsrecht besteht (§ 47 InsO). Der Wert eines Anspruchs auf Ersatzaussonderung gem. § 48 InsO sowie der zur abgesonderten Befriedigung (§§ 49 f. InsO) erforderliche Betrag ist vom Wert der Insolvenzmasse in Abzug zu bringen. Letzteres ergibt sich aus der in Bezug genommenen Vorschrift des § 58 Abs. 1 S. 2 GKG. Masseverbindlichkeiten (§§ 53 bis 55 InsO) werden nicht abgezogen. |
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bei Vertretung des Insolvenzgläubigers berechnet sich die Gebühr nach dem Nennwert der Forderung (§ 28 Abs. 2 RVG). Nebenforderungen sind nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 28 Abs. 2 S. 2 RVG mitzurechnen, also Kosten und Zinsen, soweit sie bis zur Eröffnung entstanden sind. |