VwGO § 80 Abs. 7; RVG §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 5
Leitsatz
Bei einer Abänderung eines Beschlusses nach § 80 Abs. 7 S. 1 VwGO von Amts wegen kann die Wirkung der Änderung ex tunc eintreten und damit auch die Kostenentscheidung des Ausgangsbeschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO berühren.
VG Gera, Beschl. v. 24.10.2019 – 6 S 1953/19
1 Sachverhalt
Die Erinnerungsführerin begehrt die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren in einem Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO.
Mit Beschl. v. 28.5.2019 in dem Verfahren 4 E 624/19 Ge waren der Antrag der Antragstellerin (und jetzigen Erinnerungsführerin) nach § 80 Abs. 5 VwGO zunächst abgelehnt und ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt worden. Die Erinnerungsführerin stellte am 7.6.2019 einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO auf Abänderung des vorgenannten Beschlusses mit Verweis auf eine bereits am 8.4.2019 per Fax übersandte, auf den 4.4.2019 datierende ärztliche Bescheinigung, aufgrund derer ernstliche Zweifel an der Wertung des Asylgesuchs der Erinnerungsführerin als "offensichtlich unbegründet" bestünden.
Daraufhin ordnete das Gericht mit Beschl. v. 20.6.2019 (4 E 1191/19 Ge) "die aufschiebende Wirkung der Klage (6 K 623/19 Ge) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19.3.2019" an und legte "die Kosten des Verfahrens" der Antrags- bzw. Erinnerungsgegnerin auf. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Antragstellerin keine veränderten oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachten Umstände vorgetragen habe, aus denen sich zumindest die Möglichkeit einer Abänderung der frühen Eilentscheidung ergebe. Dies sei für einen statthaften Antrag auf Abänderung der getroffenen Entscheidung nach § 80 Abs. 7 S. 2 VwGO erforderlich. Dagegen sei der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage begründet, obwohl das Gericht große Zweifel hege, ob die vorgelegte Bescheinigung vom 4.4.2019 den Anforderungen einer qualifizierten ärztlichen Bescheinigung i.S.v. § 60a Abs. 3c S. 2 u. 3 AufenthG genüge.
Mit am 1.7.2019 bei Gericht eingegangenem Schreiben beantragte der Bevollmächtigte der Erinnerungsführerin die Kostenfestsetzung i.H.v. 334,75 EUR zzgl. Zinsen:
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
261,30 EUR |
(Wert: 2.500,00 EUR) |
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Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
Zwischensumme Netto |
281,30 EUR |
zzgl. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
53,45 EUR |
Endbetrag |
334,75 EUR |
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle wies den Kostenfestsetzungsantrag der Erinnerungsführerin zurück. Eine bereits im Ausgangsverfahren entstandene Gebühr könne im Abänderungsverfahren nicht – nochmals – erstattungsfähig sein. Die Kostengrundentscheidung des Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO werde durch die Abänderungsentscheidung nicht berührt, da die aufschiebende Wirkung der Klage lediglich aufgrund des berechtigten neuen Vortrags angeordnet worden sei.
Die Erinnerungsführerin beantragte daraufhin die Entscheidung des Gerichts über den Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle und begründete dies u.a. damit, dass sie, die Erinnerungsführerin, durch Ablehnung der Kostenfestsetzung trotz Obsiegens im Abänderungsverfahren zur alleinigen Kostenträgerin werde. Dabei sei ihr berechtigter Vortrag in Form einer ärztlichen Bescheinigung schon in dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgebracht worden, habe aber keine Berücksichtigung bei der gerichtlichen Entscheidung gefunden. Andernfalls wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die aufschiebende Wirkung der Klage bereits in diesem Verfahren angeordnet und die Kosten des Verfahrens der Erinnerungsgegnerin auferlegt worden.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache der Kammer vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Für die Entscheidung über die Erinnerung ist die Einzelrichterin, auf die das noch anhängige und im Sachzusammenhang stehende Klageverfahren nach einer Geschäftsverteilungsplanänderung übergegangen ist, zuständig. Das Gericht entscheidet über die Kostenerinnerung in der Besetzung, in der die zugrunde liegende Kostengrundentscheidung getroffen wurde (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl., 2018, § 165, Rn 3 m.w.N.).
Die gem. §§ 165 S. 2, 151 VwGO zulässige Erinnerung hat Erfolg.
Gem. § 164 VwGO setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Gericht des ersten Rechtszugs ist hier das VG, das über den streitgegenständlichen Antrag als zuständiges Gericht der Hauptsache erstinstanzlich, mithin im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO im ersten Rechtszug, entschieden hat. Einen zweiten Rechtszug gibt es im vorläufigen Rechtsschutzverfahren in Asylsachen nicht, weil Beschlüsse nach § 80 AsylG unanfechtbar sind. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des VG war für die beantragte Festsetzung der zu erstattenden Kosten zuständig, hat diese aber vorliegend zu Unrecht abgelehnt. Die geltend gemachten Gebühren und Auslagen des für die Erinnerungsführerin sowohl im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO als auch im ...