Dieses Durcheinander hat das KostRÄG 2021 auf der Grundlage der vorliegenden Rspr. durch eine generalisierende Regelung geändert, die eine einfache Feststellung ermöglichen soll, ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines Längenzuschlags erfüllt sind. Danach gilt:
Grds. werden Wartezeiten und Unterbrechungen während eines Verhandlungstags als Teilnahme an der Hauptverhandlung berücksichtigt. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Pflichtverteidiger die Wartezeit oder die Unterbrechung zu vertreten hat oder die Unterbrechung länger als eine Stunde dauert. Die Berücksichtigung von Wartezeiten, die der Rechtsanwalt nicht zu vertreten hat, ist zutreffend und korrespondiert mit der Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV, wonach die Terminsgebühr auch entsteht, wenn der Rechtsanwalt zu einem anberaumten Termin erscheint, der Termin aber aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht stattfindet.
Hinsichtlich der Unterbrechungen/Pausen am Hauptverhandlungstag erschien dem Gesetzgeber eine Nichtberücksichtigung der Berechnung der für einen Längenzuschlag maßgeblichen Hauptverhandlungszeit bei einer Dauer der Unterbrechung von mehr als einer Stunde sachgerecht. Dabei kommt es jeweils auf die Dauer der einzelnen Unterbrechungen und nicht auf die Gesamtdauer der Unterbrechungen an einem Hauptverhandlungstag an, es wird also nicht zusammengezählt. Die Bewertung, ob der Rechtsanwalt eine Unterbrechung – die Gesetzesbegründung erwähnt ausdrücklich als Beispiel die Mittagspause – sinnvoll für andere Tätigkeiten nutzen konnte, ist weder dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle noch dem Gericht möglich. Es soll daher nicht darauf ankommen, ob der Rechtsanwalt sie im konkreten Einzelfall sinnvoll genutzt hat oder überhaupt nutzen konnte. Der Streit um die Berücksichtigung der Mittagspause ist also erledigt. Eine (Mittags-)Pause von nicht mehr als einer Stunde ist also bei der Berechnung der maßgeblichen Hauptverhandlungszeit zu berücksichtigen. Längere Pausen werden nicht berücksichtigt.
Da eine (ggf. sinnvolle) Nutzung einer Unterbrechung aber nur möglich ist, wenn der Rechtsanwalt bei der Anordnung der Unterbrechung deren Zeitraum kennt, sieht die (neue) Anm. 3 vor, dass ggf. auch längere Pausen berücksichtigt werden. Das soll dann der Fall sein, wenn der oder die Vorsitzende die Hauptverhandlung für unbestimmte Zeit – etwa für eine Beratungspause – unterbricht. Auch soll nur der angekündigte Zeitraum der Unterbrechung nicht als Teilnahme an der Hauptverhandlung berücksichtigt werden.
Die Neuregelung gilt in Verfahren, in denen die Bestellung/Beiordnung ab 1.1.2021 erfolgt ist. In "Altfällen", in denen die Neuregelung ggf. noch nicht gilt, sollte sich der Verteidiger/Rechtsanwalt auf die neue – für ihn im Zweifel günstigere – Formulierung berufen, wenn es um die Berücksichtigung von Wartezeiten/Pausen Streit gibt.