Das KostRÄG 2021 v. 21.12.2020 hat im Vergütungsverzeichnis des Teil 4 VV nur eine einzige Änderung vorgenommen, und zwar hat es in Vorbem. 4.1 VV eine Anm. 3 angefügt. Die lautet:
Zitat
"Kommt es für eine Gebühr auf die Dauer der Teilnahme an der Hauptverhandlung an, so sind Wartezeiten und Unterbrechungen an einem Hauptverhandlungstag als Teilnahme zu berücksichtigen. Dies gilt nicht für Wartezeiten und Unterbrechungen, die der Rechtsanwalt zu vertreten hat, sowie für Unterbrechungen von jeweils mehr als einer Stunde, soweit diese unter Angabe einer konkreten Dauer der Unterbrechung oder eines Zeitpunkts der Fortsetzung der Hauptverhandlung angeordnet wurden."
Diese (Neu-)Regelung steht in Zusammenhang mit den für Pflichtverteidiger/beigeordnete Rechtsanwälte in den Nrn. 4110, 4111, 4116, 4117, 4122, 4123, 4128, 4129, 4134 und 4135 VV vorgesehenen Längenzuschlägen zu den Hauptverhandlungsterminsgebühren, wenn sie an einem Hauptverhandlungstag mehr als fünf oder acht Stunden teilnehmen. Bei der Berechnung der für den Längenzuschlag maßgebenden Dauer der Hauptverhandlung gab es in Rspr. und Lit. zahlreiche Zweifels-/Streitfragen und eine umfangreiche und zum Teil kleinteilige Rspr.
1. Frühere Rechtsprechung
Der frühere Stand der Rspr./Lit. in dieser Diskussion lässt sich etwa wie folgt zusammenfassen:
Weitgehend einig war man sich, dass es für den Beginn der Hauptverhandlung nicht auf deren tatsächlichen, unter Umständen verzögerten Beginn ankommt, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem der Rechtsanwalt geladen und tatsächlich erschienen ist. Ob Sitzungspausen abzuziehen waren, wurde nicht einheitlich beantwortet. Einigkeit bestand, dass kurze Unterbrechungen der Hauptverhandlung nicht abgezogen werden mussten. Muss sich der Rechtsanwalt in Bereitschaft halten, unterbricht etwa das Gericht die Hauptverhandlung für eine Beratung über einen Antrag, wurde auch diese Zeit als Hauptverhandlungsdauer anerkannt, auch wenn formal während der Unterbrechung eine Hauptverhandlung nicht stattfindet. Wurde die Sitzung für eine Pause unterbrochen, in der sich die Beteiligten regelmäßig aus dem Gerichtssaal entfernen und daher nicht mehr zur Verfügung stehen, bestand Uneinigkeit, unter welchen Voraussetzungen diese Pausen zur Sitzungsdauer rechnen. Von der wohl überwiegenden Zahl der OLG wurde eine Sitzungspause abgezogen, wenn der Rechtsanwalt sie sinnvoll nutzen konnte. Dabei brachten einige Gerichte grds. Sitzungspausen ab einer Stunde Dauer in Abzug.
2. Die Neuregelung
Dieses Durcheinander hat das KostRÄG 2021 auf der Grundlage der vorliegenden Rspr. durch eine generalisierende Regelung geändert, die eine einfache Feststellung ermöglichen soll, ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines Längenzuschlags erfüllt sind. Danach gilt:
Grds. werden Wartezeiten und Unterbrechungen während eines Verhandlungstags als Teilnahme an der Hauptverhandlung berücksichtigt. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Pflichtverteidiger die Wartezeit oder die Unterbrechung zu vertreten hat oder die Unterbrechung länger als eine Stunde dauert. Die Berücksichtigung von Wartezeiten, die der Rechtsanwalt nicht zu vertreten hat, ist zutreffend und korrespondiert mit der Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV, wonach die Terminsgebühr auch entsteht, wenn der Rechtsanwalt zu einem anberaumten Termin erscheint, der Termin aber aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht stattfindet.
Hinsichtlich der Unterbrechungen/Pausen am Hauptverhandlungstag erschien dem Gesetzgeber eine Nichtberücksichtigung der Berechnung der für einen Längenzuschlag maßgeblichen Hauptverhandlungszeit bei einer Dauer der Unterbrechung von mehr als einer Stunde sachgerecht. Dabei kommt es jeweils auf die Dauer der einzelnen Unterbrechungen und nicht auf die Gesamtdauer der Unterbrechungen an einem Hauptverhandlungstag an, es wird also nicht zusammengezählt. Die Bewertung, ob der Rechtsanwalt eine Unterbrechung – die Gesetzesbegründung erwähnt ausdrücklich als Beispiel die Mittagspause – sinnvoll für andere Tätigkeiten nutzen konnte, ist weder dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle noch dem Gericht möglich. Es soll daher nicht darauf ankommen, ob der Rechtsanwalt sie im konkreten Einzelfall sinnvoll genutzt hat oder überhaupt nutzen konnte. Der Streit um die Berücksichtigung der Mittagspause ist also erledigt. Eine (Mittags-)Pause von nicht mehr als einer Stunde ist also bei der Berechnung der maßgeblichen Hauptverhandlungszeit zu berücksichtigen. Längere Pausen werden nicht berücksichtigt.
Da eine (ggf. sinnvolle) Nutzung einer Unterbrechung aber nur möglich ist, wenn der Rechtsanwalt bei der Anordnung der Unterbrechung deren Zeitraum kennt, sieht die (neue) A...