1. Grundsatz
Das LAG Berlin-Brandenburg hat darauf hingewiesen, dass in dem Kostenfestsetzungsverfahren nach einer gerichtlichen Kostengrundentscheidung über die Erstattungsfähigkeit von Verfahrenskosten nach prozessualen Maßstäben und nach Maßgabe des Kostenrechts entschieden wird (BAG RVGreport 2010, 28 [Hansens]). Folglich könnten materiell-rechtliche Einwendungen und Einreden gegen den prozessualen Kostenerstattungsanspruch grds. nicht berücksichtigt werden. Dies betreffe auch die hier geltend gemachte angebliche Nichtigkeit des Anwaltsvertrags nach § 134 BGB i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO. Solche Einwendungen können nach den weiteren Ausführungen des LAG nur mit der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO oder mit einem Rechtsbehelf nach § 775 Nrn. 4 und 5 ZPO geltend gemacht werden.
Das LAG hat darauf hingewiesen, dass das Kostenfestsetzungsverfahren, das mit dem Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses abschließt, eine Fortsetzung der zwischen den Prozessparteien ergangenen Kostengrundentscheidung darstelle (s. BGH RVGreport 2006, 225 [Hansens] = AGS 2006, 268). Somit gehe es in diesem Verfahren allein um die Frage, welcher Betrag nach der Kostengrundentscheidung zu erstatten sei. Bereits dies spreche dagegen, materiell-rechtliche Fragen innerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens zu klären. Dies hat das LAG damit begründet, das Kostenfestsetzungsverfahren sei auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und die Beurteilung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und deshalb dem Rechtspfleger übertragen. Demgegenüber sei die Entscheidung von zwischen den Parteien streitigen Tatsachen und komplizierten Rechtsfragen im Kostenfestsetzungsverfahren nicht vorgesehen und mangels der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll möglich. Dies habe zur Folge, dass materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch grds. nicht zu berücksichtigen seien. Sie müssten vielmehr vorrangig mit der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden (BGH RVGreport 2007, 110 [Hansens]).
2. Ausnahme
Nach den weiteren Ausführungen des LAG Berlin-Brandenburg können materiell-rechtliche Einwendungen unter dem Gesichtspunkt einer prozessualen Gleichbehandlung und aus verfahrensökonomischen Gründen ausnahmsweise dann im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden, wenn diese keine Tatsachenaufklärung erforderten und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne Weiteres klären ließen. Ein solcher Fall könne vorliegen, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, weil sie unstreitig seien oder vom Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden könnten (BGH RVGreport 2007, 110 [Hansens]).
Vorliegend hat nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg ein solcher Ausnahmefall jedoch nicht vorgelegen. Dem stehe nicht entgegen, dass der im Kostenfestsetzungsverfahren zuständige Rechtspfleger zu prüfen hat, ob die zur Erstattung angemeldeten Anwaltskosten überhaupt entstanden seien. Dies bedeutet nach Auffassung des LAG nicht, dass auch sämtliche damit verbundenen materiell-rechtlichen Fragen vom Rechtspfleger zu prüfen und zu entscheiden sind. Die Prüfung des Rechtspflegers habe vielmehr unter rein prozessualen und gebührenrechtlichen Gesichtspunkten zu erfolgen. Sie beschränke sich im Wesentlichen darauf, ob die zur Erstattung angemeldeten Kosten nach dem konkreten Verfahrensablauf und den einschlägigen Vorschriften des RVG entstanden sind. Der Rechtspfleger habe somit eine prozessuale Prüfungsbefugnis, die der betragsmäßigen Umsetzung der Kostengrundentscheidung im Kostenfestsetzungsbeschluss dienen solle.
Von dieser prozessualen Prüfungsbefugnis ist nach den weiteren Ausführungen des LAG die materiell-rechtliche Beurteilung zu unterscheiden, ob die erstattungsberechtigte Partei ihrem Prozessbevollmächtigten die geltend gemachten Gebühren und Auslagen im Innenverhältnis nach den dort bestehenden vertraglichen Beziehungen tatsächlich schulde. Diese materiell-rechtliche Prüfung sei im Kostenfestsetzungsverfahren nicht vorzunehmen (s. BGH RVGreport 2007, 110 [Hansens]).
Ferner hat das LAG Berlin-Brandenburg darauf hingewiesen, dass die Entscheidung über den hier vom Kläger erhobenen Einwand, der zwischen der Beklagten und ihrem Prozessbevollmächtigten geschlossene Anwaltsvertrag sei wegen Verstoßes gegen § 134 BGB i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO nichtig, keine einfache Rechtsfrage darstelle, hinsichtlich deren Beurteilung kein Zweifel bestünde und die zur Klärung im Kostenfestsetzungsverfahren geeignet wäre. Außerdem seien die entsprechenden Tatsachen zwischen den Parteien weder unstreitig, noch hätten sie ihre Grundlage im Kostenfestsetzungsverfahren selbst.